Phonovorstufe SOtM sPQ-100 im Test, Bild
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Einzeltest > Phonovorstufe > 27.06.2025

Son of Digital

Bis vor kurzem musste man SOtM als LP-Leser nicht kennen, weil sie praktisch ausschließlich Digitalsachen anboten. Das hat sich jetzt geändert. Alibi oder ernsthafter Neuzuwachs?

Phonovorstufe SOtM sPQ-100

Also dann fange ich mit der analogen Aufklärung an. Ich persönlich habe übrigens nur wenig für Digitales übrig und nutze auch ums Verrecken keine künstliche Intelligenz fürs Schreiben, solange meine noch ausreicht. Die Firma SOtM kommt aus Korea und ist Meister digitaler Kern- und Zubehördinge. Aber sie dachten, wir können auch analog und dass sie das Selbstbewusstsein dafür haben zeigen schon ihr ausgeschriebener Firmennamen wie auch ihr Slogan: SOtM bedeutet Soul Of the Music und darunter steht: Ultimate High Performance Audio. Na dann. SOtM wurde 2008 von Mr. Lee in Südkorea gegründet. Lee ist sowohl Inhaber als auch Chefingenieur mit einer beeindruckenden Vita, in der sich satte 34 Jahre an Software- und Produktentwicklung sowie Schaltungsdesign nicht nur für Audio finden. Seine Expertise ist in alle SOtM-Produkte eingeflossen, natürlich auch in die sPQ-100 Phonostufe, die von ihm neu entwickelt wurde.  

Schaltungsdetails 
Wir bekommen ja viele nette kleine Phonostufen, aber die sPQ-100 ist alles andere als typisch. Ihre Schaltung ist laut SOtM vierstufig aufgebaut: jede Stufe besteht aus einer Eingangsstufe, der RIAA-Korrektur mit Hochton-Cutoff und Bass-Boost, und der Verstärkung. Das wird mit spezifischen Widerständen und Kondensatoren erreicht. Die Bass-Boost-Schaltung hat eine Gainstufe eingebaut, während der Hochton-Rolloff den Frequenzbereich verstärkt, der nicht verändert werden soll, und so abgeschwächt wirkt. Für die Analogschaltung arbeitet ein dezidierter, eigens dafür entwickelter Regler, der die Schaltung glättet. Einzig die Eingangsstufe ist passiv, der Rest besteht jeweils aus einer phasentreuen Op-Amp Schaltung. Das ist ungewöhnlich aufwendig, speziell in dieser Preisklasse. Der Grund dafür ist, dass Lee das nicht alles in eine Stufe packen wollte, damit er die Umschaltung zuverlässig und maximal geräuschfrei hin bekommt. Hat er geschafft, so viel kann ich schon mal verraten. Die einzelnen Stufen sind so miteinander gekoppelt, dass sie keinen Gleichstrom zulassen. Zudem finden sich sowohl am Eingang als auch am Ausgang Störfilter, die effektiv gegen negative hochfrequente Einflüsse arbeiten.   

Elektrisch
 
Da so eine Phonostufe wie die sPQ-100 das Eingangssignal zwischen 100 und 3000 mal verstärken kann, muss sie sich nach Ansicht von Mr. Lee auch darum kümmern, die von der eigenen Schaltung verursachten Störungen so gering wie nur möglich zu halten. Dafür setzt er nach eigener Aussage die besten OpAmps ein, die es gibt. Das kann man ihm glauben, denn OpAmps kosten nicht die Welt, da muss man wirklich nicht sparen. Wie immer werden auch hier Atome verstärkt und deshalb legt Mr. Lee extremen Wert auf Störgeräuscharmut, denn Störpotentiale stecken in jedem Bereich der Verstärkung und mit den Filtern des sPQ-100 wird die Sache nicht besser. Also setzt SOtM eine dafür entwickelte Konstant-Spannungsschaltung ein, die in allen ihren Geräten verwendet wird. Die Platine ist vierlagig und so ausgelegt, dass die stromführenden Teile vor Störeinflüssen maximal geschützt sind. Zudem sind die störgeräuschärmsten ICs des Markts, SMD-Folien sowie maximal niederohmige Widerstände eingesetzt. Wenn man sich das durchliest, ist der Aufwand für ein Gerät dieser Preisklasse wirklich außergewöhnlich.  

Praxis 
Zuerst wählt man an, ob ein MM- oder MC-Tonabnehmer verstärkt werden soll, je nachdem lassen sich dann Kapazitäten oder Impedanzen schalten.

Phonovorstufe SOtM sPQ-100 im Test, Bild
Irgendwie frech, dass die beiden SOtM Apparate nicht nur hervorragend spielen, sondern auch noch cool aussehen
Hier übertreiben es die Koreaner nicht, es sind jeweils vier gängige Werte, womit man gut hin kommt. Für den Bass-Boost und den Hochton-Cutoff gibt es ebenfalls vier Werte. Die RIAA-Einstellung ist markiert, mit den anderen kann man Einstellungen aus der Mono-Ära wählen, als beinahe jede Plattenfirma ihre eigenen Entzerrung festlegte. Das ist ausgesprochen hilfreich und cool, noch hilfreicher wäre eine Liste mit typischen Werten gewesen, selbst wenn man das natürlich auch gehörmäßig ausloten kann. Und schließlich folgt die Verstärkung, der sogenannte Gain, ebenfalls vierstufig zwischen 40 und 70db wählbar. Dieses Detail finde ich spannend, denn jeder Designer hat da seine eigenen Ideen. So nimmt Vertere-Mastermind Touraj Moghaddam die Verstärkung direkt nach dem Eingang vor, weil das Signal dort am „frischesten“ ist, was für mich sehr sinnvoll klingt. Hier ist das genau anders herum gelöst: Hochton-Cutoff vor dem Bass- Boost und dann die Gainstage ganz am Ende der Verarbeitungskette. Der Grund dafür ist der Wunsch, mit dem Hochton- Cutoff direkt Störfrequenzen oberhalb der Hörschwelle abzufangen. Also auf Störgeräuscharmut scheinen die Koreaner wirklich extrem viel Wert zu legen, was bei der Delikatesse der feinen Phonosignale ja auch verständlich ist. Aber die Signale gleich dann zu verstärken, wenn sie ankommen, ist auch clever. Doch wie immer entscheidet nicht die Theorie, sondern das Gesamtkonzept und der Klang. Und da führen einige Wege zum Ziel.  

Netz 
Das optional erhältliche sPS-500 Netzteil ist auch alles andere als 08/15. Erst einmal ist es ein Schaltnetzteil, das ein eher untypisches Feature aufweist: eine Art Filter, das die Störgeräusche, die das Netzteil selbst produziert, eliminiert. Dazu kommt ein weiterer Filter am Eingang, der sich dezidiert um die Frequenzen kümmert, die im Hörbereich liegen und das hört man am exemplarisch störungsarmen Betrieb auch. Zusätzlich gibt es, und daran kann man die Expertise der Herrn Lee besonders gut ablesen, einen Regelkreis, der Veränderungen beim Eingangsstrom und in der Ausgangsspannung vergleicht und eben regelt. Zusätzlich arbeitet in dem kleinen Kästchen noch eine eigens dafür entwickelte Kontrollschaltung, die sich mit Spannungsschwankungen beschäftigt und diese stabil hält. Und schließlich ist es ganz besonders niederohmig ausgelegt, und das wollen wir genau so.  

Klangkombinationen

Ich habe an der SOtM sPQ-100 MCs wie mein Koetsu Black oder das Dynavector DV 10x5 MKII in der High-Output-Version ausprobiert. Beide funktionierten und klangen damit ausgezeichnet, neutral und tatsächlich ausgesprochen ruhig, sprich störgeräuscharm. Mit Netzteil erhöht sich diese Qualität, Ruhe und Souveränität nehmen hörbar zu. Aber auch ohne das sPS-500 Netzteil liefert die SOtM sPQ-100 hervorragend ab. Die verschiedenen Entzerrungen habe ich durchprobiert, sie machen bei älteren Monoaufnahmen manchmal Sinn, manchmal nicht. Mit einem Tonabnehmer aber hatte ich besonders viel Spaß und zwar mit dem Micro Acoustics 282e. Das ist ein Kondensator-Tonabnehmer, eine seltene Spezies, die mit ihrem 3.5mV Ausgangsspannung direkt an den MM-Eingang angeschlossen werden kann und derartig erdig klang, dass ich nicht mehr umbauen wollte. Auf Nathan Davis´ endlich wiederveröffentlichtem MPS-Album Happy Girl hat gleich der Opener The Flute In The Blues so viel Saft, so viel Kraft, so viel wunderbare Spannung, das ich mir kaum vorstellen kann, das hier eine verhältnismäßig günstige Tonabnehmer-Phonovorstufen- Kombination spielt. Nathan Davis Flöte kann, so wie er sie spielt, auch übersteuern, aber davon höre ich hier nichts. So sexy, so erdig, so funky kann also Flöte klingen. Und die zackigen Besenakzente von Billy Brooks ziehen mich ebenfalls in ihren Bann. Die SOtM sPQ-100 kann mit Impulsen umgehen, klingt zackig, frisch und sehr gut strukturiert. Noch so ein fast vergessener Jazzgott ist Walt Dickerson. Wie seine Vibrafonanschläge klingen, ob sie kurz oder lang schwingen und wie ihre Kontur und Farbigkeit sind, entscheidet für mich, ob eine Phonovorstufe etwas kann. Und die SOtM sPQ-100 kann was, sie lässt die Töne schweben und glänzen und bei Bedarf kann sie dynamisch richtig zupacken. 

Gemessenes: 
Phonovorstufe SOtM sPQ-100 im Test, Bild
 
Bei der koreanische Phonovorstufe fallen die vielfältigen Einstellmöglichkeiten für die Entzerrung ins Auge. Die drei Diagramme zeigen, wie tiefgreifend sich der Frequenzgang bei den einzelnen Schalterstellung ändert. In der Stellung „RIAA“ bewege wir uns halbwegs im Rahmen dessen, was die Norm vorsieht, die Abweichungen bleiben unterhalb eines Dezibels. Die angegebenen Verstärkungsfaktoren stimmen gut mit der Realität überein. Bei 40 Dezibel schafft die SOtM gut 71,3 Dezibel(A) Fremdspannungsabstand, 70,6 Dezibel(A) Kanaltrennung und einen Klirrfaktor von 0,02 Prozent (5mV, 1 kHz). Bei 70 Dezibel und 0,5 mV maßen wir 52,3 / 52,1 Dezibel(A) und 0,07 Prozent. Das Gerät begnügt sich mit einer Stromaufnahme von 3,6 Watt. 


Fazit

Die SOtM sPQ-100 Phonovorstufe ist ein richtig cooles kleines Gerät: kompakt, günstig, klangstark und von oben einstellbar. Analogherz, was willst du mehr?

KategoriePhonovorstufe
ProduktsPQ-100
HerstellerSOtM
Preis775 Euro / Netzteil: 775 Euro
Getestet vonChristian Bayer
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Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

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Christian Bayer
Redakteur / Tester

Christian Bayer


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