Endverstärker EverSolo AMP-F10 im Test, Bild
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Einzeltest > Endverstärker > 07.03.2025

Zeit zum warm Anziehen

Die Überschrift ist keine Ansage an die Leser dieser Publikation, sondern an den highendigen Mitbewerb: Da kommt was auf euch zu, an dem ihr schwer zu schlucken haben werdet.

Endverstärker Eversolo AMP-F10

Eversolo
Jetzt ist es also passiert. China ist im Audio- High-End-Segment angekommen und lehrt die etablierte Konkurrenz das Fürchten. Mit dem hier zur Debatte stehenden Endverstärker habe ich erstmals ein Gerät auf dem Tisch stehen, das alle audiophilen Knöpfe beim Anwender drückt und zu einem konkurrenzlosen Preis zu bekommen ist. Die „About Us“-Seite der hauseigenen Webpräsenz verrät, dass Eversolo „is led by a team with extensive HiFi industry experience“. Von den neun dort abgebildeten Herren ist interessanterweise nicht ein einziger Chinese. Die Firma ist nichtsdestotrotz in Shenzen ansässig, einem der High- Tech-Zentren des Reichs der Mitte. Niemand in unserem Kulturkreis hatte je von Eversolo gehört, bis letztes oder vorletztes Jahr diverse Streamer-Modelle auftauchten, die den Markt im Sturm eroberten. Die ausgesprochen wertig gebauten Geräte verfügen über ein pralles Ausstattungspaket und bedienten alles, was dem modernen Digital-Audio-Fan recht und billig ist. Unsereins als Analogi schaut mit einem halbinteressierten Auge auf so etwas, überlässt die intensive Beschäftigung damit aber anderen.   

Bis jetzt. Nunmehr nämlich ergänzt Eversolo die hauseigene Produktpalette um zwei Stereoendstufen, von denen der größere AMP-F10 eindeutig der Interessantere ist. Und so starre ich ziemlich fassungslos auf ein perfekt gemachtes, netto 18 Kilogramm schweres lupenreines High-End- Gerät mit Leistung und Stabilität satt zum Listenverkaufspreis von 2580 Euro. Selbstverständlich mit einem herrlich verspielten Paar Zeigerinstrumente in der äußerst massiven Metallfront. Mit Verlaub: Ich kenne nichts Vergleichbares, was auch nur zum doppelten Preis zu erstehen wäre. Beim vierfachen Geld, da kommen wir der Sache langsam näher. Der AMP-F10 ist ein sehr geradliniger Leistungsverstärker mit reichlich Reserven an allen wichtigen Stellen. Er leistet stabile 180 Watt an acht und gut 300 Watt an vier Ohm. Dank seiner luxuriös bestückten Ausgangsstufe (zehn dicke Leistungstransistoren pro Kanal) kann man ihn problemlos im Brückenbetrieb fahren und bekommt dann laut Hersteller über 600 Watt an acht und 950 Watt an vier Ohm. Das dürfte nur minimal übertrieben sein, ich hab’s aber nicht ausprobiert.   

Das sogar gestalterisch anspruchsvolle Gerät kommt weitgehend ohne sichtbare Schrauben aus. Die Kühlkörper sind erfreulicherweise nicht scharfkantig, alles an der Maschine wirkt durchdacht. Rückseitig finden sich symmetrische und unsymmetrische Eingänge (per Schalter anwählbar) und ein Paar Polklemmen für den Lautsprecheranschluss. Die, und das ist einer der ganz wenigen Kritikpunkte, sind so chinesisch-billig, dass sie hier ein bisschen deplatziert wirken. Die Eingangsempfindlichkeit ist umschaltbar, per Kippschalter kann man zwischen Stereo- und Mono-Brückenbetrieb wählen, es gibt Möglichkeiten zum signalgesteuerten Einschalten, das geht wahlweise auch per Steuerspannung. Das Paket ist komplett, schlicht und ergreifend. Die Instrumente auf der Front sind natürlich eher Zierde als echte Messgeräte, die 340 Watt an vier Ohm als Null-Dezibel-Aussteuerunsgrenze machen jedoch auf jeden Fall einiges her. Eingeschaltet wird per Standby-Taster auf der Front, hinten am Netzeingang gibt’s auch einen „richtigen“ Netzschalter.   

Innere Werte
Wollen wir mal reingucken? Aber sicher doch. Das Entfernen des Deckelblechs erweist sich als nicht trivial, aber wenn man die seitlich in den Kühlkörpern steckenden Schräubchen gefunden hat geht’s recht einfach. Und wer nun der Meinung war, dass Eversolo sein Pulver beim hübschen und wertigen Äußeren verschossen hat und jetzt ja nur noch heiße Luft kommen kann, der sieht sich mächtig getäuscht. Der Aufbau des Gerätes ist nämlich nicht weniger als eine Augenweide und zudem ein echtes Statement in Sachen Aufwand.
Endverstärker EverSolo AMP-F10 im Test, Bild
Alles, was man so braucht und noch ein bisschen mehr: die Eversolo von hinten
Den AMPF10 dürfte man tatsächlich neben ein diesbezüglich nicht zu schlagendes Gerät aus Japan stellen und er bräuchte sich nicht zu verstecken – unglaublich zu diesem Preis. Ich möchte wetten, dass Eversolo sogar auf die Farbgebung der Komponenten geachtet hat, um ein stimmiges Gesamtbild zu erzielen.   

Im Zentrum des Geschehens sitzt ein imposanter Ringkerntrafo. Der zu Abschirmzwecken mit Mu-Metall umwickelte Umspanner ist mit einer Belastbarkeit von 1000 VA spezifiziert und ist im Betrieb angenehm leise. Daran nicht ganz unschuldig dürfte der Umstand sein, dass Eversolo ein Gleichstromfilter mit eingebaut hat, dass etwaige Gleichstromanteile aus dem Netz von vornherein eliminiert. Der Trafo wird von zweimal vier Siebelkos mit vertrauenerweckender Kapazität flankiert, womit wir das Thema „Stromversorgung“ schon mal zu unserer Zufriedenheit als erledigt betrachten dürfen. Die Eingangsplatine direkt an der Rückwand beherbergt ein abschirmendes Blechkästchen, in dem die Eingangsverstärkung stattfindet. Was genau darin passiert wissen wir nicht, der Hersteller formuliert da eher Allgemeinplätze. Wir dürfen jedoch von einer weitgehend symmetrischen Anordnung ausgehen. Von dort aus geht’s, und das habe ich in einem HiFi-Gerät tatsächlich noch nie gesehen, per ordnungsgemäß mit Steckern und Buchsen terminierter Hochfrequenzleitungen an die beiden seitlich an den Kühlkörpern montierten Endstufenplatinen. Dort findet sich jeweils ein weiteres geheimnisvolles Metallkästchen, was die Aufteilung der Signale auf die beiden Stromverstärkerzweige übernimmt. Jene bestehen aus zweimal fünf parallelgeschalteten MosFets, was ein angenehmes Gefühl beruhigender Überdimensionierung hinterlässt. Hinzu gesellen sich Schutzschaltungen gegen alle Arten von Ungemach, auch diesbezüglich darf man also ruhig schlafen.   

Ist der AMP F-10 ein betont „audiophiles“ Verstärkerkonzept? Nicht unbedingt. Es handelt sich um ein satt dimensioniertes Gerät mit relativ viel Gegenkopplung und dementsprechend recht hohem Dämpfungsfaktor. Das Verzerrungsniveau ist entsprechend niedrig und man könnte die Maschine problemlos für kleinere Beschallungsjobs einsetzen. Deshalb habe ich als Hörtestgegner auch eine meiner rund 45 Jahre alten Yamaha P-2200 auserkoren, die in der gleichen Leistungsklasse angesiedelt und berühmte Vertreter der alten „Eisenschweine“ sind. Natürlich ebenfalls mit Zeigerinstrumenten, ist doch klar.   

Die klangliche Ähnlichkeit zwischen den beiden Konzepten ist unverkennbar. Beide Amps agieren geradlinig, unerschütterlich und agil. Die Yamaha wirkt im Oberbassbereich eine Spur voluminöser als die Eversolo, die dem Pfad der Tugend in dieser Hinsicht etwas akribischer folgt. Beide Verstärker sind ohne Zweifel für Lautsprecher gemacht, die die gebotenen Leistungsreserven auch abfordern, sprich: Hochwirkungsgradwandler sind hier nicht das Mittel der Wahl. Im Verlagshörraum habe ich hervorragende Erfahrungen mit der PS Audio Aspen FR10 gemacht, die an beiden Amps satt, kernig und stimmig tönte. Eine ganz klare Empfehlung für Leute, die es auch mal ein bisschen gröber mögen, ich hatte lange nicht mehr soviel Spaß an den Truckfighters, jener schwedischen Wüstenrocktruppe, die weiß, wie man Leute von den Stühlen reißt. Bereits der Opener „Last Curfew“ zeigt eindrucksvoll, wo die Reise hingeht: Ungemein dynamisch stellt der AMP-F10 die brachial schweren Gitarrenriffs in den Raum, er schält die Gitarre mit erstaunlicher Übersicht aus dem großen Ganzen (das macht er auch besser als die Yamaha) und nagelt den Zuhörer praktisch an die Sofalehne. Ganz großartig. Der späte Leonard Cohen dürfte in etwa das exakte Gegenteil dieses Anforderungsprofi ls darstellen. Auch hier zeigt der AMP-F10 eine sehr aufgeräumte Darbietung mit bestens freigestellter Stimme. Wer auf der Suche nach hauchzarter ätherischer Stimmwiedergabe ist, der muss vermutlich doch auf einen Air Tight-Verstärker sparen, der Eversolo macht das eher unspektakulär und geradlinig, aber garantiert auch nicht falsch. Das ist ein ausgezeichneter Verstärker für (fast) alle Lebenslagen.  

Gemessenes:
Endverstärker EverSolo AMP-F10 im Test, Bild
Auch messtechnisch ist die Eversolo makellos. Der selbstredend perfekt lineare Frequenzgang reicht bis kurz unter 100 Kilohertz. Der Fremdspannungsabstand bei einem Watt an acht Ohm beträgt saubere 90 Dezibel(A), die Kanaltrennung exzellente 85,6 Dezibel(A), der Klirrfaktor 0,037 Prozent. An vier Ohm ändern sich die Werte praktisch nicht. Die Ausgangsleistung beträgt 183 Watt an acht und 303 Watt an vier Ohm, das ist sicherlich mehr als genug. Der recht niedrige Stromverbrauch von 85,7 Watt im Leerlauf weist darauf hin, dass hier nicht mit allzu viel Ruhestrom gearbeitet wird. 


Unterm Strich...

Eversolo AMP-F10 ist das ultimative Endstufen- Sonderangebot: klanglich kräftig und unerschütterlich, technisch perfekt gemacht und in Sachen Wertigkeit zu diesem Preis nicht zu schlagen.

KategorieEndverstärker
ProduktAMP-F10
HerstellerEverSolo
Preis2580 Euro
Getestet vonHolger Barske
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Holger Barske
Redakteur / Tester

Holger Barske


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