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Einzeltest > Lautsprecher > 21.07.2025

Kleine Box ganz groß

Klar laufen wir in der Sicherheit unsere kuscheligen analogen Ecke ein bisschen Gefahr, die innovativen Impulse in der Audiotechnik zu übersehen. Also versuchen wir mal was Modernes.

Lautsprecher GGNTKT M1

Generelles 
Es hat analoge XLR-Eingänge, die mit einer Line-Vorstufe verbunden werden wollen. Zumindest in unserem Universum (richtig, es gibt auch noch einen Eingang für Digitalsignale). Da können wir den massiven Einsatz von Schaltverstärkern und DSP-Frequenzweichen doch tolerieren, oder? Letztendlich kann man damit Musik von der Schallplatte hören. Und zwar ausgezeichnet, wenn ich das schon mal hinzufügen darf. GGNTKT Audio ist ein kleines Team aus Spezialisten aller möglichen Gewerke rund um das Thema Lautsprecher. Was Industriedesign und Software mit einschließt. Der kryptische Name des Unternehmens wird deutlich transparenter, wenn man zwei „E“ und ein „A“ einfügt, dann wird daraus nämlich „Gegentakt“, angelehnt an eine grundlegende Konfiguration in der Verstärkertechnik. Und wer so heißt, der baut keine 0815-Produkte. Was unserem Probanden, dem kleinen Modell M1 (8450 Euro pro Paar), schon auf den ersten Blick anzusehen ist.  

Das Modell M1 
Dabei handelt es sich nämlich um einen äußerst kompakten Lautsprecher im Tornisterformat. Die Älteren unter uns mögen sich erinnern – sowas hatten wir damals auf dem Weg in die Schule auf dem Rücken. Da für die Aktivelektronik in einer so kompakten Behausung auf gar keinen Fall mehr Platz war, lagerte man diese einfach in ein externes Gehäuse aus, ein flaches Exemplar im 19“-Studioformat. Der Lautsprecher kann entweder als Regallautsprecher betrieben werden oder auf den optionalen Ständern (1690 Euro Paarpreis). Die Basisausführung ist schwarz oder weiß, gegen Aufpreis sind alle möglichen Ausführungen machbar. Nun ist die M1 sicherlich nicht der erste Versuch, einen „richtigen“ Full-Size-Lautsprecher auf ein äußerst kompaktes Format herunterzubrechen, allerdings sucht die Konsequenz, mit der das hier betrieben wurde, schon ihresgleichen. In dem ausgesprochen kompakten Gehäuse stecken nämlich gleich vier Treiber, was angesichts von vielleicht zehn Litern Nettovolumen ausgesprochen unüblich erscheint. Zumal es sich bei drei dieser Treiber um ziemlich erwachsene 17-Zentimeter- Tiefmitteltonexemplare handelt. Die passten natürlich keinesfalls alle auf die Front der M1, zwei davon wanderten somit auf die Boxenrückseite.  

Gehäuse und Treiber 

Für eine so ausgewachsene Bassbestückung ist das zur Verfügung stehende Volumen viel zu gering.


Im Hochtonbereich arbeitet ein Druckkammertreiber mit Waveguide
Passiv angesteuert, würde das eine prima Mitteltonbox ergeben, mehr jedoch nicht. Zumal hier nicht mit einem Bassreflexsystem oder einer andere Art von Ventilation gearbeitet wird, das Gehäuse ist vielmehr geschlossen. Wir erinnern uns: Das ist gut für eine prima Impulswiedergabe, schränkt die Tieftonwiedergabe aber zusätzlich ein. GGNTKT kontert diese Problematik mit einer aktiven Kompensation und viel Verstärkerleistung – dazu kommen wir noch. Zunächst jedoch wollen wir noch einen Blick auf die Boxenvorderseite werfen, die neben Tiefmitteltöner Nummer drei den Hochtöner beherbergt. Und das ist ein ambitioniertes Konstrukt: An der fein säuberlich ins Gehäuse modellierten Schallführung sitzt nämlich ein ausgewachsener Druckkammertreiber mit 56-Millimeter- Ringmembran aus Titan und 44 Millimeter durchmessender Schwingspule. Das ist ein Format für ausgewachsene PA-Anwendungen. Der Hersteller gesteht dem Treiber Pegelspitzen bis zu 125 Dezibel zu, was in einer Heimanwendung deutlich mehr als ausreichend sein dürfte. Entscheidende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem „Waveguide“ zu, der eine Art Horn darstellt. Dieses ist jedoch nicht auf maximalen Wirkungsgrad getrimmt, sondern auf eine möglichst homogene Schallverteilung. GGNTKT ist zurecht stolz auf die sehr breite Abstrahlung dieser Anordnung, die eine sehr homogene Anregung des Raums ermöglicht und letztlich zu einem großen Sweet Spot – man muss beim Musikhören also nicht wie angenagelt auf dem Hörsofa sitzen. Die drei Siebzehner sind ausgesprochen solide Konstruktionen mit modernem Gusskorb, belüfteten Ferritantrieben und beschichteter Aluminiummembran. Eine weiche Gummisicke erlaubt einen linearen Hub von ziemlich amtlichen elf Millimetern, in dieser Hinsicht sollte einer ernsthaften Basswiedergabe also nichts im Weg stehen. Das Gehäuse für diese außergewöhnliche Konstruktion baut nur 140 Millimeter tief, dafür aber 405 Millimeter breit. Breite Schallwände sind gut, sind sie für ein homogenes Abstrahlverhalten doch ein großer Vorteil. Die Formgebung der M1 ist weitgehend fließend, die einzige wirklich ausgeprägte gerade Linie ist die Schattenfuge unter dem Hochtonabteil. Als Baumaterial wählte man Valchromat, was eine dichte und hochwertige Variante des Thems „MDF“ ist, allerdings mit 30 Prozent höhere Festigkeit. Bei der Formgebung durfte sich eine Fünfachsfräsmaschine gehörig austoben; dabei ist nicht nur ein besonders organisch wirkendes, sondern auch extrem stabiles Gehäuse herausgekommen.  

Die Aktivelektronik 
Eine Konstruktion wie die M1 ist passiv nicht sinnvoll zu betreiben. Deshalb gibt’s die externe Steuereinheit, die sich um eine adäquate Ansteuerung der insgesamt acht Teiber kümmert. Zu diesem Zwecke gibt’s drei moderne Stereo-Schaltverstärkermodule vom renommierten Hersteller Pascal, die reichlich Leistung zur Verfügung stellen und außerdem kaum Abwärme produzieren – nur so ließ sich die Elektronik derart kompakt realisieren. Die M1 ist ein 2,5-Wege-System, soll heißen: Alle drei Tiefmitteltöner sind für den Bassbereich zuständig, nur der vordere jedoch zusätzlich für den Mitteltonbereich. Deshalb braucht’s drei Verstärkerkanäle pro Box. Es gibt ein optionales Upgrade, mit dem die nominelle Ausgangsleistung und die Stabilität der Stromversorgung nochmals gesteigert werden können, die in der Basisversion angebotenen 560 Watt Gesamtleistung erscheinen mir jedoch mehr als ausreichend. Der auf akustischem Wege nicht zu erzielende Tiefgang ist mit entsprechender Filterung und ordentlich Leistung dann doch machbar: Die Box spielt souverän bis unter die 40-Hertz-Marke, was für einen so kompakten Lautsprecher mehr als außergewöhnlich ist. Die Filterung des Ganzen übernimmt ein digitaler Signalprozessor, dem mit 32 Bit- Datenwörtern arbeitenden SHARC-Chip stehen A/D- und D/A-Wandler mit 24 Bilt Auflösung zur Seite, was an dieser Stelle absolut standesgemäß ist. Als Anwender hat man normalerweise keinerlei Berührungspunkte mit dem DSP; es gibt zwar die Möglichkeit, den Lautsprecher auf den Raum einzumessen, er funktioniert jedoch auch ohne das absolut perfekt und ausgesprochen linear, wie unsere Messungen zeigen.  

Klang 

Also gilt es letztlich wirklich nur eine adäquate Vorstufe anzuschließen und sich den Fähigkeiten dieses absolut erstaunlichen Wandlers hinzugeben. Und die werden schon bei den ersten Tönen das großartigen Live-Albums „Mela Ananda“ von My Sleeping Karma, einer meiner absoluten Lieblingsbands aus dem Stoner-Kosmos, deutlich: Die M1 spielt packend, weiträumig und mit perfekter Ablösung des Geschehens von den Lautsprechern. Die sphärischen Gitarrenparts wabern wunderbar freischwebend durch den Raum, alles fließt. Tonal ist die Box von der absolut ehrlichen Sorte; der Hochtonbereich hat Substanz und Kraft, wirkt aber nie überzeichnet. Jarvis Cockers Klavier perlt und strahlt, die Hotelzimmeratmosphäre von „Room 29“ wird absolut überzeugend abgebildet. Und wie ist das jetzt mit dem Bass? Erstaunlich überzeugend. Natürlich wird mich die M1 nicht verleiten, von meiner Vorliebe für Fünfzehnzöller Abstand zu nehmen, aber was die M1 mit den synthetischen Tieftonanteilen von „The XX“ anstellt ist für einen Lautsprecher dieser Größe ziemlich sensationell: druckvoll, tiefreichend – einfach überzeugend.  

Gemessenes 


 
Der Amplitudenverlauf der M1 sieht aus wie mit dem sprichwörtlichen Lineal gezogen und reicht im Bass bis unter 40 Hertz – sehr beeindruckend. Der Hochtonbereich fällt oberhalb von 20 Kilohertz ziemlich steil ab. Die Verzerrungswerte sehen auch bei beachtlichen 95 Dezibel Schalldruck sehr niedrig aus, das Wasserfalldiagramm ist frei von jeglichen Problemen. Ausgezeichneter Job!  


Fazit

Großer Klang aus kleinen Gehäusen? GGNTKT macht mit der M1 vor, wie das sehr überzeugend funktionieren kann.

KategorieLautsprecher
ProduktM1
HerstellerGGNTKT
Preis8450 Euro Paarpreis
Getestet vonHolger Barske
Vorheriger Test

Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

Logo LP:Magazin

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Holger Barske
Redakteur / Tester

Holger Barske


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