Phonovorstufe MoFi MasterPhono Phonostage im Test, Bild
Die ungefähre Lesezeit beträgt 7 Minuten
Einzeltest > Phonovorstufe > 06.11.2024

Anschlusswunder mit Charakter

Aus dem sicher nicht zu kleinen Angebot an Phonovorstufen sticht das Topmodell des US-Herstellers MoFi schon rein optisch unübersehbar heraus.

Phonovorstufe MoFi Electronics MasterPhono Phonostage

Zappelzeiger. Im Ernst. So richtig. So wie bei zünftigen japanischen Voll- und Endverstärkern aus den Siebzigern, auch heute noch immer wieder gerne realisiert. Aber bei einer Phonovorstufe das ist neu. Vermutlich aber ergibt es auch wenig Sinn, Geräte auf den Markt zu bringen, wie es sie schon zuhauf gibt. Um solcherlei Ungemach zu verhindern, hat MoFi Electronics auch für die hauseigenen Elektronikkomponenten einen absoluten Top-Entwickler engagiert: Peter Madnick wuchtet satte 45 Jahre Berufserfahrung aufs Tableau. Zu den Stationen seines Werdegangs gehören Audio Alchemy, Constellation Audio, Elac und sicherlich diverse mehr, die mir gerade nicht einfallen. Damit passt Madnick perfekt in die Riege der „Szeneprominenz“, die an anderer Stelle für die Amerikaner arbeiten: Für die Plattenspieler zeichnet Allen Perkins, seines Zeichens Gründer von Spiral Groove verantwortlich, die sehr erfolgreichen Koaxiallautsprecher von MoFi werden von Andrew Jones entwickelt, der zuvor Elac-Lautsprecher zu neuen Erfolgen geführt hatte. Und neben anderen Preziosen hat Peter Madnick für MoFi auch die MasterPhono entwickelt, das Spitzenmodell unter den phonovorverstärkenden Preziosen des Hauses. Dabei standen neben exzellentem Klang möglichst universelle Verwendungs- und Anschlussmöglichkeiten im Pflichtenheft. Mit einem Verkaufspreis von 6.500 Euro ist die MasterPhono zwar weit entfernt von einem Schnäppchen, dafür wird aber auch Einiges geboten.  

Ausstattung
So verfügt das Gerät zum Beispiel für die beiden Ein- wie auch die Ausgänge über symmetrische und unsymmetrische Anschlussmöglichkeiten. Es gibt einen Satz klassischer Spannungseingänge, die sowohl mit MM-als auch MC-Abtastern betrieben werden können. Jawohl, damit kann man auch MM-Abtaster symmetrisch betreiben, was ja eher selten der Fall ist.

Phonovorstufe MoFi MasterPhono Phonostage im Test, Bild
Alle Signalanschlüsse sind symmetrisch und unsymmetrisch vorhanden
Alternativ dazu gibt es auch einen Satz Stromeingänge (symmetrisch und unsymmetrisch), bei dem MM-Tonabnehmer allerdings außen vor bleiben müssen. Wir erinnern uns: Stromeingänge werten nicht die Signalspannung aus, sondern den Strom, der durch die Spulen des Abtasters fließt, wenn dieser kurzgeschlossen betrieben wird. Das hat den nicht zu leugnenden Vorteil, dass man sich nicht mit der Abschlussimpedanz des Tonabnehmers beschäftigen muss, die ist in diesem Fall ohnehin praktisch null. So richtig gut funktioniert das aber nur mit niederohmigen Abtastern, weshalb MMs und High-Output-MCs bei dieser Anschlussart außen vor bleiben müssen. Beim MasterPhono kann man geeignete MCs sogar symmetrisch im Strombetrieb fahren, was meines Wissens nach nur bei einer einzigen anderen Phonovorstufe am Markt der Fall ist.   

Im Spannungsbetrieb darf man sich dafür in Sachen Tonabnehmerabschluss so richtig austoben. Zehn verschiedene Abschlussimpedanzen stehen zur Wahl, wobei mir besonders gut gefällt, dass es unter 100 Ohm reichlich Auswahl gibt. MM-Betreiber müssen auf eine variable Kapazitätsanpassung verzichten, aber ich denke, das ist verschmerzbar. Wem das nicht reicht, der kann noch seine Wunsch-Impedanzwerte per Cinchstecker in die dafür vorgesehenen Buchsen stöpseln. Die Verstärkung ist vierstufig zwischen 40 und 70 Dezibel einstellbar, das reicht auf alle Fälle. Hinzu gesellt sich ein schaltbares Subsonic-Filter und eine Mono-Funktion. Das Gerät reagiert etwas träge auf die Bedienung über die diversen Dreh- und Druckelemente. Über die beiliegende Fernbedienung klappt das interessanterweise besser.   

Die beiden in einem schöne warmen Orange beleuchteten Zeigerinstrumente können übrigens mehr als nur den Ausgangspegel des Gerätes anzuzeigen. Leider geht die Bedienungsanleitung überhaupt nicht darauf ein, wie die Instrumente zur Justage des Azimuts zu gebrauchen sind, dafür gibt’s aber ein separates Dokument. Diese Funktion erfordert den Einsatz einer Messschallplatte, zwei Exemplare werden vorgeschlagen. Ich finde ja, dass man eine solche bei einem Gerät für 6.500 Euro durchaus hätte beilegen können.  

Aufbau
Das Gerät ist, wie schon äußerlich zu erkennen, konsequent zweiteilig aufgebaut.
Phonovorstufe MoFi MasterPhono Phonostage im Test, Bild
Sieht aus wie ein japanischer Vollverstärker aus der guten alten Zeit, ist aber keiner: MoFis Top-Phonovorstufe
Zwei hintereinander angeordnete Stahlblechgehäuse werden mittels dreier Rohre verbunden, durch die die elektrischen Verbindungen laufen. Im vorderen Abteil sitzen die Stromversorgung und die Digitaltechnik zu Steuerung, hinten ist der Verstärkerteil untergebracht, der übrigens komplett diskret realisiert wurde – und zwar mit gehörigem Aufwand. Die Verstärkerzüge stecken zur weiteren Abschirmung unter einem Blechdeckel hinter der Rückwand. Die Phonoentzerrung erfolgt passiv, dem Entzerrernetzwerk wird entweder die Strom- oder die Spannungseingangsstufe vorgeschaltet. Die Ausganggsstufen sind für beide Betriebsfälle zuständig. Gespeist wird das Gerät aus drei Schaltnetzteilen, denen diskrete Spannungsregler nachgeschaltet sind – nur zur Sicherheit. Eine ganze Armada von Relais kümmert sich um die Umschaltung der diversen Betriebszustände. Die passiven Komponenten wie die Kondensatoren in der Entzerrung sind qualitativ ausgezeichnet, bei den Heerscharen von SMD-Teilen ist das nicht ohne Weiteres zu sagen. Insgesamt ein moderner und kompromissloser Aufbau – das sollte in der Praxis bestens funktionieren. Die Messtechnik stellt der Maschine zudem ein ausgezeichnetes Zeugnis aus, also ab in die Anlage damit.  

Klang

Wer bei so einer High-Tech-Schlacht ein betont technisches Klangbild erwartet, der sieht sich getäuscht. Die MasterPhono ist generell ein fein und sanft klingendes Gerät. Meine ersten Versuche erfolgten mit einem guten alten DL103 im Spannungsverstärkungsbetrieb. Die olle Rundnadel ließ mich wieder einmal aufhorchen und präsentierte über den MasterPhono ein sehr schön geschlossenes und homogenes Klangbild. Ich hatte die leise Hoffnung, ein wenig mit den niedrigen Abschlussimpedanzen spielen zu können, das klappte aber nur bedingt, weil das Klangbild „da unten“ eher dünn wurde. Bei 500 Ohm fand ich’s am stimmigsten. Hier entwickelte Chet Bakers traumhaft schmeichlerische Trompete auf „Chet“ ihr eigene Magie, es klang wunderbar geschmeidig und flüssig. Auf den Unterschied zum Strombetrieb war ich gespannt, fürs Denon ist das allerdings nicht die richtige Idee: Das relativ hochohmige MC klingt hier deutlich flacher und strähniger. Was deutlich besser funktionieren sollte ist zum Beispiel das sehr niederohmige Lyra Etna Lambda. Das hat sich denn auch als eine ausgezeichnete Idee erwiesen: Der japanische Ausnahmeabtaster sprüht am Stromeingang nur so vor Leben, lässt den guten Chet noch inbrünstiger und tiefsinniger erklingen, im Spannungsbetrieb verliert die Angelegenheit merklich von ihrer Magie. Mir gefällt es ausgezeichnet, dass die MasterPhono beide Möglichkeiten bietet. Die Variabilität des Gerätes sollte für jeden Abtaster ein perfektes klangliches Ergebnis ermöglichen.  

Gemessenes

 
Phonovorstufe MoFi MasterPhono Phonostage im Test, Bild
 

Messtechnik-Kommentar: Alles gut beim Labordurchgang. Der Frequenzgang der MoFi folgt der RIAA-Kurve perfekt, die winzige Kanalabweichung ist bedeutungslos. Die angegebenen Verstärkungen stimmen bestens mit den Herstellerangaben überein. Im MM-Betrieb (40 Dezibel, 5 mV Eingangsspannung) liegen Fremdspannungsabstand und Kanaltrennung bei rund 67 Dezibel(A), der Klirr beträgt 0,025 Prozent. Im MC-Betrieb (Spannungseingang) mit 70 Dezibel und 0,5 mV ergeben sich 51 Dezibel(A) und 0,095 Prozent. Die Stromaufnahme beträgt 23,5 Watt.


Unterm Strich...

Die große MoFi-Phono bietet ein pralles Ausstattungspaket und sowohl Spannungs- als auch Stromeingänge. Die Anpassungsmöglichkeiten an so ziemlich jeden Tonabnehmer sind fast konkurrenzlos, ein optimales klangliches Ergebnis lässt sich praktisch immer erzielen.

KategoriePhonovorstufe
ProduktMasterPhono Phonostage
HerstellerMoFi
Preis5500 Euro
Getestet vonHolger Barske
Vorheriger Test

Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

Nächster Test

Lautsprecher ohne Kompromisse - Lautsprecher Supravox KL15 Heritage

Logo LP:Magazin

Weitere Tests des Autors Holger Barske

Plattenspieler Toneart Revelation II im Test, Bild
 08.11.2024
Unerschütterlich - Plattenspieler Toneart Revelation II

Wirklich ambitionierte Plattenspieler sind nun nichts, was die analoge Szene mit allzu hoher Geschwindigkeit generiert. Deshalb freuen wir uns über die bereits zweite Auflage dieses Modells, dass...

Tonabnehmer Ortofon Concorde Music im Test, Bild
 07.11.2024
Farbenspiele - Tonabnehmer Ortofon Concorde Music

Wohl kaum eine Tonabnehmerbaureihe auf der Welt genießt einen so hohen Bekanntheitsgrad wie die Concorde-Familie von Ortofon. Was nicht an den HiFi-Freunden liegt. Es ist an der Zeit, das zu...

Lautsprecher Supravox KL15 Heritage im Test, Bild
 06.11.2024
Lautsprecher ohne Kompromisse - Lautsprecher Supravox KL15 Heritage

Ich hab da ein paar schlechte Nachrichten für euch: „Richtige“ Lautsprecher müssen genau so aussehen wie diese hier. Und wenn ihr vermutet, dass das hier eine sehr nerdige Geschichte...

Feature Thorens New Reference im Test, Bild
 04.11.2024
Olympische Spiele - Feature: Thorens New Reference

Thorens Reference gegen Thorens New Reference – welcher Analogfan könnte der Gelegenheit zu einem solchen Vergleich schon wiederstehen? Ich jedenfalls nicht, deshalb nahm ich die Einladung in...

Holger Barske
Redakteur / Tester

Holger Barske


newsletter_icon

Keine Tests verpassen!

Jetzt zu unserem Newsletter anmelden und keinen Test mehr verpassen.

× Vollbildanzeige