Feature Thorens New Reference im Test, Bild
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Einzeltest > Feature > 04.11.2024

Olympische Spiele

Thorens Reference gegen Thorens New Reference – welcher Analogfan könnte der Gelegenheit zu einem solchen Vergleich schon wiederstehen? Ich jedenfalls nicht, deshalb nahm ich die Einladung in den brandneuen Thorens-Hörraum dankend an.

Feature: Thorens New Reference

Referenzen
Also das war so: Im Jahre 1980 präsentierte Thorens, damals einer der größten Plattenspielerhersteller der Welt, sein Statement in Sachen Top-Plattenspieler. Das Gerät namens „Reference“ war auf eine Serie von 100 Stück limitiert, wog über 90 Kilogramm, konnte bis zu drei Tonarme tragen und war so ziemlich das Gewaltigste, was die die Welt in dieser Hinsicht je gesehen hatte. Dinge wie ein quarzgeregelter Dreiphasenmotor, der einen sechseinhalb Kilo schweren Teller via Flachriemen antreibt locken heutzutage so recht niemanden mehr hinter dem Ofen hervor, seinerzeit war das jedoch das Ende der Fahnenstange. Der Verkaufspreis lag zu Beginn bei 18.000 DM, was 1980 unglaublich erschien, heute auch eher mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen werden dürfte. Gut erhaltene Exemplare des Gerätes kosten heutzutage ein Mehrfaches dessen und sind schwierig zu finden, die meisten dieser Preziosen stehen warm und trocken bei gut betuchten asiatischen Sammlern.  

Vor ein paar Jahren beschloss der damals noch recht frisch gebackene Thorens- Eigner Gunter Kürten, sein eigenes „Reference“-Modell zu realisieren.

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Analog-Nerds unter sich. V. l. n. r: der Autor, Helmut Thiele, Gunter Kürten
Jenes war auf der Münchener High End vor zwei Jahren das mit Abstand meistfotografierte Exponat und beeindruckte sowohl mit einer imposanten Physis und einer ganzen Reihe von High-Tech-Features, die die Maschine namens „New Reference“ zum perfekten Plattenspieler machen müssten. Einen „richtigen“ Test mit einem Gerät für rund eine Viertelmillion Euro zu veranstalten erschien allen Beteiligten nur bedingt sinnvoll, zumal ein Transport des New Reference nach Duisburg für nicht ganz kleine logistische Probleme gesorgt hätte. Nun hat Thorens seine Räumlichkeiten in Bergisch Gladbach mittlerweile deutlich erweitert und verfügt nunmehr über einen wirklich schönen Hörraum mit zwei Setups, einer bestens funktionierenden Raumakustik und sowohl einem Ur-Reference wie auch dem ersten echten Serienmodell des New Reference. Die Frage, ob man die zwecks direkten Vergleichs denn nicht mal an eine der beiden Anlagen stöpseln könnte wurde bejaht – also auf nach Bergisch Gladbach.  

Reden wir zunächst noch ein bisschen über den New Reference, der zweifellos zu den aufwändigsten Plattenspielerkonstruktionen am Markt zählt. Die Konzeption stammt zum großen Teil von Industriedesigner Helmut Thiele, der die HiFi-Welt schon seit vielen Jahren mit spannenden Ideen beglückt und für eine Vielzahl von Produkten der neuen Thorens-Ära verantwortlich zeichnet.   

Eines seiner beeindruckendsten Features dürfte seine integrierte vollaktive Schwingungsisolierung sein, die zusammen mit der Firma Seismion realisiert wurde. In jedem Fuß des New Reference stecken zu diesem Zweck kräftige und hochpräzise Aktoren, die das Gerät unverrückbar an seinem Platz im Raum halten – und das in allen drei Dimensionen. Extrem genaue Sensoren liefern Daten darüber, ob sich die Maschine auch nur minimal bewegt, die Stellelemente in den Füßen gleichen jede Bewegung sofort aus. Ein kleines Display auf dem Gerät erteilt auf Wunsch Auskunft über die Aktivität des Systems, im Prinzip haben wir es hier mit einem empfindlichen Seismometer zu tun, mit dem man auch ganz prima leichte Erdbeben detektieren könnte.  
Feature Thorens New Reference im Test, Bild
Der neue Hörraum bei Thorens präsentiert sich optisch und akustisch als sehr gelungen


Beim Antrieb gibt es noch die meisten Parallelen zu Ur-Reference. Auch der Neue treibt seinen schweren Plattenteller mit einem Riemen an, die Kraft stammt auch hier von einem Dreiphasen-Synchronmotor. Die Ansteuerung des in deutschen Landen gefertigten Aggregates erfolgt natürlich deutlich aufwändiger als 1980, zumal beim New Reference eine echte Drehzahlregelung zum Einsatz kommt. Zu diesem Zwecke meldet ein Drehzahlsensor auf der Tellerachse deren Drehzahl an die Elektronik. Auf der Webseite des Herstellers wird sehr schön erklärt, wie Antrieb und Tellerlager zum Erzielen bester Gleichlaufwerte Hand in Hand zusammenarbeiten.   

Eine zentrale Rolle spielt ein schwerer Metallring, der bombenfest mit dem Chassis des New Reference verschraubt wird. Er dient als Plattform für die Montage der maximal drei Tonarme. Dadurch ergibt sich neben extremer Stabilität eine Vielzahl an möglichen Montageplätzen, was den New Reference zu einer sehr universellen Basis für alle möglichen Arme macht. Auf dem Exemplar im Thorens-Hörraum waren zur Zeit unseres Besuches gleich zwei Tangentialtonarme (Thiele TA-01 und Reed 5T) sowie ein zwölfzölliger Thorens TP-124 montiert. Unter dessen Headshell fand auch das Ortofon Verismo seinen Platz, mit dessen Hilfe wir den Vergleich durchführten. Ein praktisch identischer Arm (nur in neun Zoll Länge) war auch auf Gunter Kürtens wirklich wunderschönem Ur-Reference montiert, so das wir nur das Headshell tauschen und die Tonarmkabel umstecken mussten.   

Auch beim Rest der Kette herrschte kein Mangel an Superlativen: Als Schallwandler diente ein Paar großer Wilson Benesch- Wandler, angesteuert von einer Soulnote- Verstärkerkombi, von deren Qualitäten wir uns ja auch schon überzeugen durften. Auch die Phonovorstufe stammte von Soulnote.   

Die ersten Eindrücke der Kette waren denn auch ziemlich umwerfend: Die Positionierung der musikalischen Ereignisse im Raum funktioniert ausgezeichnet, die großen Lautsprecher erscheinen physisch im Klangbild fast überhaupt nicht. Die Anlage klingt stramm und diszipliniert, tatsächlich klingt es betont „highendig“. Tonal über den kompletten Frequenzbereich ausgewogen, keinerlei der Raumakustik anzulastende Artefakte – so kann man’s aushalten. Sollten Sie mal die Chance haben, hier auf dem Sofa in ein paar Platten hineinzuhören – nutzen Sie sie.   

Als erstes durften wir uns von der Wirkung der aktiven Isolation des New Reference überzeugen. Die macht sich interessanterweise im Bass recht stark bemerkbar und zwar auf eine Weise, die ich nicht erwartet hatte: Mit abgeschalteter aktiver Entkopplung erscheint das Klangbild deutlich dünner und zurückhaltender. Mit eingeschaltetem Seismion-System liefert das Ortofon Verismo ein Volumen und eine Schlagkraft, die ich von ihm definitiv noch nicht gehört habe. Auch die Raumabbildung verändert sich: Ohne aktive Entkopplung klingt’s flächiger, weniger tief, auch die Höhenabbildung leidet merklich. Der Punkt geht schon mal ganz eindeutig an die extrem aufwändige Technik, die den Plattenspieler vom Rest der Welt isoliert.   

Danach ging’s dann um den Vergleich zwischen den beiden Plattenspielern. Den führten wir im Wesentlichen mit der mittlerweile ziemlich berühmten Live-Aufnahme des britischen Singer-/Songwriters Fink aus der Londoner Union Chapel. Über den New Reference klang’s überaus beeindruckend. Sehr lebendig, das Klangbild atmete, die Atmosphäre da, der Nachhall glaubhaft, Gänsehaut war garantiert.   

Und jetzt, liebe Freunde von Maschinen aus vergangenen HiFI-Tagen, müsst ihr ganz tapfer sein. Meine Erwartung, dass sich die Unterschiede zwischen den beiden Laufwerken nur mit etwas Mühe würden herausfinden lassen, erfüllte sich nicht – zwischen beiden Darbietungen lagen Klassen: Der Ur-Reference konnte dem neuen in keiner Hinsicht das Wasser reichen. Im direkten Vergleich klang er müde, klein und eindimensional. Sogar unser Fotograf, garantiert kein Highender und deutlich abseits sitzend, riss wenige Augenblicke nach dem Umstöpseln die Augen auf und meinte, dass würde ja sogar er sofort mitbekommen. Nein, ein Fehler lag nicht vor. Für sich betrachtet, ist der Ur-Reference eindeutig auch klanglich eine beeindruckende Maschine. Im direkten Vergleich allerdings ist der New Reference in schockierendem Maße besser. Da bleibt nichts anderes, als Gunter Kürten und seinem Team herzlich zu diesem Ergebnis zu gratulieren! 


Unterm Strich...

Auch wenn das hier sicherlich kein wirklich aussagekräftiger Test ist: Die Souveränität, mit der der Thorens New Reference hier seine klangliche Überlegenheit zur Schau stellt lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass er zu den ganz Großen seiner Zunft gehört.

KategorieFeature
ProduktNew Reference
HerstellerThorens
Preis225000 Euro
Getestet vonHolger Barske
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Holger Barske
Redakteur / Tester

Holger Barske


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