Plattenspieler Toneart Revelation II im Test, Bild
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Einzeltest > Plattenspieler > 08.11.2024

Unerschütterlich

Wirklich ambitionierte Plattenspieler sind nun nichts, was die analoge Szene mit allzu hoher Geschwindigkeit generiert. Deshalb freuen wir uns über die bereits zweite Auflage dieses Modells, dass mehr Aufmerksamkeit verdient hat, als ihm bislang zuteil wurde.

Plattenspieler Toneart Revelation II

Grundlegendes
In der „LP“ war er natürlich schon zu bewundern, der Toneart Revelation II, das war 2019. Bei ihm handelt es sich um eine Konstruktion des im oberösterreichischen Vöcklabruck ansässigen HiFi-Händlers Franz Stöger, ganz nebenbei eine der besten diesbezüglichen Adressen im Land. Neben seiner Händlertätigkeit ist Stöger seit Jahrzehnten mit der Konstruktion eigener Gerätschaften beschäftigt und man merkt den Ergebnissen die eingeflossene Erfahrung an so ziemlich jeder Stelle deutlich an. Das Plattenspielermodell „Revelation II“ ist das mittlere der drei Modelle umfassenden Produktpalette. Im Lauf der letzten Jahre ist es konstruktiv deutlich ans Spitzenmodell „Revelation I“ herangerückt, weshalb eine erneute Vorstellung des Gerätes an dieser Stelle allemal gerechtfertigt erscheint.   

Aufbau
Optisch wirkt das Gerät einerseits imposant, andererseits vertraut. Die Laufwerksbasis aus massivem Aluminium geriet dabei mit voller Absicht so minimalistisch wie möglich. Sie trägt an einem Ende das mächtige Tellerlager und nimmt am anderen Ende eine einfach wechselbare Tonarmbasis auf, so dass man komplett vorjustierte Tonarme bei Bedarf einfach wechseln kann. Den optischen Gegenpart zur Armbasis bildet das Antriebsaggregat, das weit mehr darstellt als einfach nur einen Motor. In dem imposant schweren Zylinder steckt einerseits ein Gleichstrommotor, der aber mitnichten ohne Umwege den Teller antreibt. Vielmehr versetzt er über zwei kurze Rundriemen eine ziemlich imposante Schwungmasse in Rotation. Dieser glockenförmige Rotationskörper aus Edelstahl rotiert mit ziemlich hoher Drehzahl und speichert deshalb erhebliche Mengen kinetischer Energie. Dieses Flywheel überträgt seine Energie abermals vie Rundriemen – in diesem Falle ist’s nur einer – auf den Außenradius des Plattentellers. Was ganz eindeutig für eine deutlich bessere Drehzahlkonstanz sorgt als der Antrieb mit dem Motor ohne zusätzliche Schwungmasse. Die Konstruktion läuft extrem leise und ruhig, mein Kompliment für das hohe Fertigungsniveau. Schon unter diesem Aspekt darf der Preis des Revelation II von 12.900 Euro inklusive Motorsteuerung als erträglich gelten.  

Teller und Lager
Der wuchtig Plattenteller des Revelation II wiegt rund zehn Kilogramm und besteht aus einer massiven Aluminiumscheibe – aber nicht nur.

Plattenspieler Toneart Revelation II im Test, Bild
Das Tellerlager ist komplett wartungsfrei und arbeitet mit magnetischer Unterstützung
Von unten sind sieben Messinggewichte nahe des Außenrands eingelassen, die das Trägheitsmoment nennenswert erhöhen und die Klingelneigung deutlich reduzieren. Den Kontakt zur Platte besorgt eine dünne Filzmatte, die perfekt plan mit einem schmalen Rand an der Telleraußenkante abschließt. Die Oberseite des Tellers ist die einzige Fläche, die nicht passend zum Laufwerk lackiert wurde – wir dürfen hier klangliche Gründe vermuten. Der Teller wird fest mit dem massiven Lagergehäuse verschraubt. Das Lager ist von konventioneller Bauart, also mit auf der Laufwerksbasis montierter Achse. Sie bildet die Basis für ein hydrodynamisches Lager. Die vertikalen Kräfte nimmt ein Lagerspiegel aus synthetischem Diamant auf, über den Reibpartner ist nichts bekannt. Zwei abstoßend angeordnete Ringmagnete entlasten das Lager in der Vertikalen signifikant. Trotzdem gibt es einen kraftschlüssigen Weg zum Ableiten von Schwingungsenergie aus dem Abtastprozess, einem wesentlichen Faktor bei der Konzeption des Gerätes. Das Lager ist hoch belastbar, vollkommen wartungsfrei und fällt im Betrieb – wie schon der Antrieb – durch seine Geräuscharmut auf.  

Alles geregelt

Zu dem ohnehin sehr aufwändigen Antrieb gesellt sich der Umstand, dass dieser über eine echte Drehzahlregelung verfügt. Will sagen: In die Laufwerksbasis ist ein Sensor eingelassen, mit dessen Hilfe sich die tatsächliche Drehzahl des Plattentellers sehr genau ermitteln lässt.
Plattenspieler Toneart Revelation II im Test, Bild
Dieser Sensor ermittelt die tatsächliche Drehzahl des Plattentellers
Die Motorsteuerung „R III“ ist die bislang kleinste ihrer Art von Toneart, verfügt aber über die gleichen elementaren Features wie die größeren Modelle – abgesehen davon, dass sie nur einen einzigen Motor bedienen kann. Dazu gehört eine komfortable Bluetooth-App, mit deren Hilfe sich die Regelung genau parametrieren lässt. Im täglichen Umgang muss man sich damit nicht auseinandersetzen – man muss den Antrieb nur ein- und ausschalten und die Drehzahl wählen. Zwei Mikrocontroller sind damit beschäftigt, den PID-Regelalgorithmus auszuführen und den Drehzahl-Sollwert präzise aufzubereiten. Über die Parametrierung des „PID“-Reglers lässt sich die Klancharakteristik des Laufwerks merklich verändern, der Hersteller liefert drei Parametersätze zwischen „dynamisch“ und „harmonisch“ mit.   

Tonarme
Franz Stöger lieferte zwei Tonarme zum Ausprobieren mit. In beiden Fällen handelt es sich um kardanisch gelagerte Arme. Auffällig ist bei beiden, dass die Vertikallagerung nur von einer Seite des Armrohrs aus erfolgt. Der Arm ist in beiden Ebenen kugelgelagert aber nicht, wie üblich mit vorgespannten Lagern, sondern mit werksseitig selektierten Sätzen aus jeweils drei Lagern, die besonders leichtgängig und spielfrei laufen. Der teurere R1-Arm (4.900 Euro) wirkt optisch schlichter, fällt aber durch weitere Besonderheiten auf. So sind Armrohr und Headshell aus einem einzigen Stück Aluminium gefertigt, um optimale Energieableitunng zu ermöglichen. Der günstigere R II-Tonarm (2.900 Euro) geriet wuchtiger und ist der schwerere von beiden, hier kommt ein Titan-Tonarmrohr zum Zuge, das Headshell ist in diesem Falle angesetzt. Beide Arme sind neun Zoll lang, es gibt aber auch Versionen mit 10,5 und 12 Zoll, die ebenfalls auf das Laufwerk passen. Die in beiden Fällen durchgängigen Armrohre sind über einen Klemmmechanismus arretiert und lassen sich bei Bedarf verdrehen, was eine Einstellung des Azimuts ermöglicht. Das Antkiskating erfolgt in klassischer Manier mittels eines gewichtsbelasteten Fadens, eine Höhenverstellung gibt’s auch. Die Arretierung des Armschafts in der Basis erfolgt mittels einer gut realisierten Klemmung, die weit besser funktioniert als die übliche simple Madenschraube.   

Aufbau
Die Montage des Gerätes ist weitgehend selbsterklärend, spielen kann man mit der Position der Antriebseinheit und der Spannung des Antriebsriemens. Der Hersteller schlägt vor, die Antriebseinheit möglichs nahe am Teller zu positionieren, dem kann ich mich anschließen. Ich würde die Einheit links vorne positionieren um die wirksame Riemenlänge bis zur Abtastzone möglichst kurz zu halten – so gibt’s ein bisschen mehr Dynamik.   

Klang
Stöger lieferte ein van den Hul Crimson Stradivari mit, welches im R2-Arm auch gleich klar machte warum. Die Kombination bieten eine wunderbar zarte, feingeistige und schwerelose Art der Wiedergabe. Auch wenn dem Klang eine stoische Ruhe innewohnt, ist von der trockenen Langeweile, die bei reinen Masselaufwerken schon mal zu beobachten ist, nichts auszumachen. Das äußert sich beim großartigen selbstbetitelten 2017er Debutalbum von „Cigarettes after sex“ ganz besonders: Die unverwechselbare Stimme von Sänger Greg Gonzalez klingt wie eine Wolke aus purem Wohlgefühl, komplett losgelöst von den Lautsprechern und extrem intensiv. Mit einem wunderbar warmen und schwebenden Bass, bei dem die Saitenanrisse auffällig viel Kontur und Stabilität haben. Es ist diese Kombination aus vollkommener Souveränität und gravitationsloser Leichtigkeit, die Stögers Revelation II besonders auszeichnet. Wer mehr Schwere und Punch möchte, der bekommt das mit dem R1-Tonarm und dem elektrooptischen DS Audio-Abtaster DS003. Die Wiedergabe damit ist merklich direkter und lässt das unsterbliche Erstlingswerk der britischen Band UFO großartig hitzig, drahtig und ekstatisch klingen. Das Laufwerk reproduziert solche Unterschiede absolut überzeugend und qualifiziert sich als echter Spitzenkönner seines Fachs. 


Unterm Strich...

Der Revelation II in seiner zweiten Inkarnation entpuppt sich als extrem variabler und universeller Plattenspieler, der zu Höchstleistungen in praktisch allen Disziplinen der Wiedergabe fähig ist. Besonders beeindruckend sind seine stoische Ruhe und die Feingeistigkeit, zu der er fähig ist.

KategoriePlattenspieler
ProduktRevelation II
HerstellerToneart
Preis12900 Euro
Preis Zusatz ohne Tonarm
Getestet vonHolger Barske
Vorheriger Test

Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

Nächster Test

Einfach, gut - Plattenwaschmaschine Record Doctor X

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Holger Barske
Redakteur / Tester

Holger Barske


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