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Einzeltest > Kabel > 14.01.2025

Atomares

Wir brauchen Kabel für viele Anwendungen und genau deswegen nerven sie uns auch manchmal. Wenn man ihre Notwendigkeit aber einmal akzeptiert hat, kann man sich ihren Möglichkeiten zuwenden. Und davon hat das Phonokabel von in-akustik so einige.

Tonarm- und Phonokabel inakustik Phono-1205 AIR

Eins vornweg: das ist das mit Abstand angenehmste Kabel, das ich jemals in Händen hatte. Luft macht Kabel geschmeidig, leicht und biegsam, einfach herrlich in der Anwendung. Aber liegt das nur an der Luft im Inneren? Das finden wir heraus.  

Air
„Air“, also Luft ist wohl das beste Dielektrikum. Das höre ich nicht zum ersten Mal, aber vielleicht sollten wir zuerst einmal klären, was ein Dielektrikum eigentlich ist. Ein Dielektrikum kann man als Volumen bezeichnen, in dem sich ein elektrisches Feld befindet. In unserem Fall stellt es die Isolation zwischen den Leitern dar. Es kann sich dabei um ein Gas, einen Feststoff (typisch für Kabel) oder eine Flüssigkeit handeln. Luft ist bekanntermaßen ein Gasgemisch und daher für diesen Einsatz besonders gut geeignet. In-akustik sagt dazu: “Luft als Dielektrikum hat im Vergleich zu anderen Isolatoren keine kapazitätserhöhenden Eigenschaften und erzeugt keine dielektrischen Verluste.“ Mich erstaunt eigentlich, dass nicht mehr Firmen Luftdielektriken einsetzen, aber das hat vielleicht auch mit der Präzision zu tun, mit der in-akustik den Aufbau ihrer Kabel gestaltet, was vielleicht nicht jedem Konkurrenten so gegeben ist. Aber nicht nur das Dielektrikum, auch der Abstand zwischen den Leitern und die Leiteroberfläche haben einen mehr oder minder großen Einfluss auf den Signalfluss. In-akustik nennt ihre Luftisolation Air-Helix. Dafür haben sie einen speziellen Abstandshalter entwickelt, der die Kabelstränge trennt und zwar in einem definierten Abstand zueinander. Sie formulieren poetisch, dass er sie quasi in Luft bettet.   

Konfektion
Mit einer Vielzahl dieser Clips gelingt es den Handwerkern bei in-akustik, den gesamten Signalweg auch über längere Strecken äußerst stabil führen zu können. Dafür werden in der Manufaktur im badischen Ballrechten-Dottingen die Hohlleiter von Hand eingefädelt und in die Abstandshalter, Clips genannt, montiert. Die so geschaffene und so genannte Air-Helix bekommt dann ihre Abschirmung und das PE-Network-Jacket - natürlich von Hand - übergestriffen und fertig ist das Phonokabel. Apropos fertig: als wir diesen Bericht vereinbarten, gab mir in-akustik eine Wartezeit von mindestens 2-3 Wochen an. Sprich, die Auftragsbücher sind gefüllt und diese Kabel werden tatsächlich nur auf Bestellung gefertigt. Durch die sorgfältige Konfektion soll der Luftanteil zwischen den Signalleitern nahe an die 100%-Grenze kommen und das ist ja schließlich das Ziel. Ich sprach das wirklich wunderbare Handling dieser Kabel an und auch dafür haben die Badener, wie oben schon angedeutet eine Erklärung: “Die Flexibilität dieser Konstruktion wird über zwei Stege erreicht, die die Clips gleichermaßen zusammen und präzise auf Abstand halten. Diese Architektur ist einzigartig. Das Ergebnis sind niedrige Leitungskapazitäten und geringe dielektrische Verluste – ein audiophiler Meilenstein für offene und unverfälschte Klangerlebnisse.“ Das eine spürt man, das andere werden wir gleich hören.   

Kernmaterial
Wie es sich gehört, setze in-akustik maximal reines und maximal sauerstofffreies Kupfer ein.


Die sehr kontaktsicheren Stecker werden mit den Leitern verpresst. Das ist die Königslösung, wenn man es wie in-akustik richtig macht
Da sind die Badener piefig und überlassen nichts dem Zufall. Zwar vertrauen sie ihren Lieferanten, messen die Reinheit ihres Kupfers aber selbst nach und zwar, wie sie betonen, in einem „aufwendigen Verfahren“. Gezogen wird das Kabel schrittweise in mehreren Stufen, wie man das eben macht, wenn man beste Qualität erzielen möchte. Erwähnen will ich noch, dass die Leiter lackiert sind, was die Oxydation minimiert und Wirbelströme verhindern soll. Es gibt auch noch eine Ausführung dieses Kabels mit Silberleitern für die Hörer, denen nur das Allerbeste gut genug ist. Ich kann Ihnen aber versprechen, dass auch die Kupferversion hervorragend funktioniert und garantiert 95% der klanglichen Möglichkeiten abdeckt. Zuletzt werden die massearmen Stecker montiert und mit dem Kabel unter 1.5 Tonnen Anpressdruck verpresst und zwar mit einer maximal direkten Kontaktierung. Das macht man auf höchstem Niveau so, aber glauben Sie mir, das macht trotzdem nicht jede Firma. Aber noch ein Wort zu den Steckern. Sie bestehen aus Tellurium-Kupfer, einem im Vergleich zu Messing deutlich härteren Material mit besonders guter Leitfähigkeit. Zur Kontaktsicherung und zum Korrosionsschutz werden die Stecker zusätzlich mit Rhodium beschichtet. So kann auch unsereiner im Testalltag mit zuverlässig gleichbleibender Kontaktierung rechnen.   

Atomares
„Wir verstärken Atome“ sagte mir Willibald Bauer, der den grandiosen dps Plattenspieler herstellt, einmal. Und damit hat er sowas von Recht. Kleinere Ströme als bei der analogen Abtastung fließen nirgends und so kommt es auf jedes Detail an. Es sind nur wenige tausendstel Volt und da spielt natürlich auch die Verkabelung mit ihrer Kapazität eine wichtige Rolle und kann bei ungünstigen Verhältnissen den Klang beeinflussen. Aus diesem Grund achtet in-akustik auf besonders geringe Kapazitäten und wie man sich vorstellen kann minimiert man dank der Air- Technologie die dielektrischen Verluste extrem. Auch verzichtet man bewusst auf einen PVC-Mantel, um „Kapazitätsbeläge und folglich dielektrische Verluste zu vermeiden. Der Mantel der AIR-Kabel besteht aus Polyethylen-Monofilen. Die Adern werden darin kompakt zusammengehalten, Mikrovibrationen reduziert und extreme Dynamikspitzen unverfälscht verarbeitet.“ Aber verwechseln sie den mechanischen Schutz, der hier natürlich auch gegeben ist, bitte nicht mit dem elektromagnetischen Schutz, der bei den AIR-Kabeln besonders hoch ist. Mobilfunk, WLAN und Computernetzwerke und damit verbundene Störungen sind nicht mehr weg zu denken. Und gerade im Phonobereich, wo die Signale eben so empfindlich sind, ist die Abschirmung zum Schutz von überlagernden Signalen (Interferenzen) schlicht essenziell.  

Der Klang
Zuerst habe ich das Phono-1205 Air als NF-Verbinder eingesetzt und nie wieder das Gefühl gehabt, es wieder abziehen zu müssen - außer beim Quervergleich mit dem Vorgängerkabel von Audioquest. Der eigentliche Clou war aber das Tonarmkabel, also das vom Tonarmstecker zur Phonovorstufe. Als ich das gegen das mitgelieferte und sicherlich nicht schlechte Transrotorkabel getauscht habe, ging nicht nur das akustische Licht an, auch die Sonne ging auf und durch die Fenster zog eine frische Brise. Kein Quatsch, so sehr machte das Kabel, das in-akustik zum Glück zuvor bereits eingespielt hatte, auf. Ja, ja, mag der eine oder andere vielleicht denken, der spinnt halt der Bayer. Macht nichts, den Unterschied hört jeder, dafür braucht es keine Goldohren, so sehr öffnet das Kabel den Klang. Das hat mir fortan derart viel Spaß gemacht, dass ich Platte um Platte auflegen musste. Frisch gekauft zum Beispiel die Wiederauflage von Talk Talks „The Color of Spring“. Gerade der Einstieg mit „Happiness is Easy“ hat viele jazzige Elemente, einen fetten Kontrabass und einen Kinderchor: das drückt, das strahlt und klingt so farbenfroh und lebendig, dass ich dieses Kabel nie wieder dort abziehen würde, so gut ist es. 


Unterm Strich...

Manchmal kann das Leben leicht sein wie im Fall des in-akustik Phono-1205 AIR Kabels. Es ist noch erschwinglich und macht seine Anschaffung klanglich mehr als wett.

KategorieKabel
ProduktPhono-1205 AIR
HerstellerIn-Akustik
Preis1249 Euro
Getestet vonChristian Bayer
Vorheriger Test

Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

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Christian Bayer
Redakteur / Tester

Christian Bayer


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