Phonovorstufe LFD Audio Phono LE (SE) MK II im Test, Bild
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Einzeltest > Phonovorstufe > 17.04.2025

Nur die Ruhe

Nach meinem Bericht über den LFD Mistral HR II Vollverstärker steht nun ein weiteres LFD-Gerät vor mir: der dazu passende Phonovorverstärker. Was kann der, was andere nicht können?

Phonovorstufe LFD Phono LE (SE) MK II

Einmal Englisch, bitte
Ich mag Engländer und ich mag ihre Produkte. Sie sind selten stromlinienförmig, oft eigenwillig. Oder anders ausgedrückt: es sind häufig Produkte für Angekommene. Was Richard Bews, Mr. LFD, allerdings produziert, sprengt in gewisser Weise sogar den Rahmen dessen, was englische Produkte üblicherweise bieten. Warum das so ist, will ich gerne verraten.   

Gut abgehangen

LFD ist eine Manufaktur und das im ursprünglichen Wortsinn: hier lötet der Chef Dr. Richard Bews noch selbst, hier wird alles von Hand gemacht. Die LE (SE) MK II gibt es in ihrer Grundkonstruktion schon seit 34 Jahren, was typisch für LFD ist. Nichts ist der Notwendigkeit eines schnellen Entwurfs oder einer Art von Kosten- oder Innovationsdruck unterworfen, weil es das schlichtweg nicht gibt. Es gibt einen Mitarbeiter, der Bews unterstützt sowie seinen alten Mentor und Berater Malcolm Hawksford, aber das war es dann auch. Anders formuliert: Bews macht, was er will, wie er es will und das schon seit Jahrzehnten. Und er weiß, dass: “…alle Musikwiedergabegeräte zu einem gewissen Prozentsatz fehlerhaft sind. Klangschönheit definiert sich für mich durch Abwesenheit von Hässlichkeit.“ Deshalb strebt er einen transparenten, neutralen, letztlich natürlichen Klang an, der das eigentliche Produkt, also das Musikwiedergabegerät vergessen macht.  

Zeit

„Ich bin davon überzeugt, dass die Probleme bei der Musikwiedergabe in der Zeitachse zu suchen sind.“ Diese Aussage von Richard Bews könnte genau so gut auch von Soul Note Chefdesigner Hideki Kato stammen. Um ehrlich zu sein, musste ich, da der Mailverkehr mit Richard Bews schon ein wenig her war, noch einmal nachprüfen, ob er nicht doch von Kato kam, so ähnlich sind sich die beiden, die ja qua Herkunft und Alter kaum unterschiedlicher sein könnten. Aber sie kommt von Bews und das freut mich umso mehr, bestätigt es doch meine Erfahrung, dass Menschen zur selben Zeit in unterschiedlichen Gesellschaften zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen können. Der Unterschied liegt dann fast immer in der Umsetzung und das ist hier nicht anders. Bews sagt dazu: “Ich hatte eine großartige Einführung in japanisches Denken durch Be Yamamura. Er sagte vor vielen Jahren zu mir, ich müsse einfach ein Audiokünstler werden.“ Hier haben wir den Link nach Japan und wie Bews sich sieht und arbeitet.  

Noch mehr Zeit
Die angesprochene Zeit-Problematik erläutert Bews ebenfalls ähnlich wie Katosan, nämlich dass die Menschen Probleme in diesem Bereich mittels einer Art Fourier- Konvertierung auf den Frequenzbereich verlegten. Daraus ergäben sich alle möglichen Fehleinschätzungen, Röhrenversus Transistorklang wäre eine davon. Dass Klang sich unabhängig von den verstärkenden Elementen sehr wohl ähnlich darstellen kann, wissen wir. Nur ist die Umsetzung, wie angesprochen, von unterschiedlichen Entwicklern sehr unter schiedlich. Bews fügt hinzu, dass viele Männer – Frauen traut er größere Neutralität zu – sich von eher primitiven Signalen wie Bassgewittern oder einer Megaauflösung blenden ließen. Er strebt etwas ganz anderes an, was er mit feinen Details, korrekten Proportionen und einer insgesamt natürlichen Gesamtbalance beschreibt.   

Details

Die Ursprungsidee für diese Phono entstand also tatsächlich schon vor 34 Jahren, als sich Bews fragte, wie weit er mit einer Standardschaltung kommen könne: OpAmp, Feedback, Gähn… Gemach.

Phonovorstufe LFD Audio Phono LE (SE) MK II im Test, Bild
Alles drin, was es zum Plattenhören braucht. Wer nicht auf Fetische steht, kann mit der LFD absolut glücklich werden
Der Mann ist nicht doof und ging einen anderen Weg als andere, die manchmal schier verzweifelt versuchen, neue Schaltungen oder auch nur Schaltungstricks zu finden. Bews hielt sich damit nicht auf, er lenkte sein Augenmerk auf Bauteile und Verkabelung, um zu schauen, wie weit er damit kommen könne. Ziemlich weit, kann ich Ihnen verraten. Er fand nämlich heraus, dass die Umsetzung einer Schaltung gerade in ein Gehäuse häufig klanglich wichtiger war, als die Schaltung selbst. Frag einmal Selberbauer, die eine Brettschaltung in ein Gehäuse bauen, wie es ihnen damit erging. Die mit Ohren werden dir verraten, dass sie sich einen abgebrochen haben, das klangliche Ergebnis wieder zu erreichen, dass sie mit einem einfachen Brett hatten. Und das ist doch auch klar: Verwirbelungen im Gehäuse, gegenseitige Beeinflussung von Materialien und Bauteilen, die Themen sind vielfältig. Und da sind die Entscheidungen bezüglich der Bauteile, ihrer Positionierung und Verkabelung noch nicht einmal adressiert. In dieser Phono hat Bews einen irren Mix aus teilweise nicht mehr erhältlichen und modernen Bauteilen so zusammen gefügt, dass sie seinen Klangvorstellungen entsprechen: Widerstände von Röderstein, Polycarbonat-Kondensatoren und „spezielle“ Koppelkondensatoren, über die er nicht sprechen möchte. Besondere Aufmerksamkeit hat er der Stromversorgung gewidmet. Es gab auch eine einfachere Version mit schwächerem Netztrafo, doch die hat er vor acht Jahren vom Markt genommen, weil sie sich nicht so gut verkaufte wie die SE-Version. Der Netztrafo wird in Großbritannien gefertigt, einen Teil der Verkabelung lässt er für sich herstellen. Er meinte süffisant, dass er große Mengen bestellen müsse und er gerade wohl die letzte Bestellung für dieses Leben gemacht habe: 15 verschiedene Kabel in einer Länge zwischen 10 und 27km! Das würde ihm wohl für die nächsten 200 Jahre reichen. Er mischt Solid Core mit Litzenkabel, teils aus Kupfer, teils aus Aluminium, was mich an mein geliebtes Isoda HA-08-PSR NF-Kabel aus Japan erinnert. Genaueres wollte er nicht verraten, nur so viel, dass es nach seiner Erfahrung immer Sinn macht, unterschiedliche Materialien für Leiter und Masse zu verwenden. Gerade auf diesen Bereich hat er sehr, sehr viel Zeit verwendet und das unterscheidet seine Geräte deutlich von anderen. Das sehr gut und massiv gearbeitete Gehäuse fertigt er aus Aluminium-Strangpress-Profilen Und das hat, ihr erratet es, klangliche Gründe. Stahl hat abschirmungstechnisch durchaus Vorteile, aber der gefiel ihm klanglich eben nicht so gut.  

Elektrisches
Dass man die Schaltung der LFD Phono nicht weiter besprechen muss, habe ich erklärt. Das einzige, was man verändern kann, ist die Gainausbeute für MM- oder High-Output-MC-Systeme.
Phonovorstufe LFD Audio Phono LE (SE) MK II im Test, Bild
Purismus für einen Tonabnehmer mit guten Buchsen und einer markierten Phase
Es stehen 38 db für MM und 53 db für MC zur Verfügung, was für sehr viele Tonabnehmer genügt. Mit High-Output-MCs sollte man experimentieren, mein Dynavector 10x5 MkII High-Output mit seinen 2,8 mV Ausgangsspannung kann je nach Vorstufe und deren zusätzlicher Verstärkung mit beiden Varianten funktionieren. An meiner Stax waren die 53 db perfekt. Bews schrieb mir, dass MC Tonabnehmer ab 0,5 mV funktionierten, womit er das Gros der heute oft mit 0,6mV arbeitenden MC-Tonabnehmer abdeckt. Das allerdings mit leicht erhöhtem Rauschen, aber das ist nach meiner Erfahrung mit dem Dynavector DV20X low MKII nicht wirklich ein Thema. So oder so neige ich zu MC-Übertragern, in diesem Fall meinem Air Tight ATH-3. Allerdings habe ich am liebsten mit dem Dynavector 10x5 MkII High-Output gehört, das es zwar schon seit Jahrzehnten gibt, mir aber in der aktuellen Version so gut wie nie zu klingen scheint. Und nun kommt der weniger praktische Teil: um die Gainausbeute zu verändern, muss man den Deckel abschrauben und zwei Pins überbrücken bzw. deren Brücken lösen. Brücken sind übrigens keine dabei, sprich das ist nichts für Anfänger und man sollte das nicht dauernd machen müssen. Es wird deutlich, dass Bews Schalter nicht leiden kann. Deshalb ist die Eingangsimpedanz auch fix auf 47kOhm eingestellt. Er sagt, dass Anpassungsmöglichkeiten nach seiner Erfahrung nachteiliger seien, als daraus möglicherweise resultierende Vorteile.   

Klang
Der Grundcharakter der LFD Phono ist eher dunkel als hell und trotzdem sehr lebendig, natürlich und selbstverständlich. Mir kommt schon nach den ersten Takten der Gedanke:“Da versteht jemand, wie man Phonostufen baut.“ Mit meinem Air Tight Übertrager spielte das Dynavector DV20X low MKII hervorragend mit der LFD zusammen: schlüssig, homogen und immer so, dass ich Lust auf mehr Musik bekam. Ein ganz besonders gutes Match ergab sich aber mit Dynavectors 10x5 MkII High- Output-MC. Was höre ich da für einen saftigen Bass in Verbindung mit ungeheuer elastischen Grooves auf „Just the two of us“, dem geschmeidigen Klassiker von Grover Washington? Wenn Grover dann mit seinem Tenorsaxophon einsetzt, bläst er mich direkt an. So lecker habe ich das vielleicht noch nie gehört. Oder das Titelstück von Donald Byrds endlich wieder aufgelegtem, megacoolem Blue Note Album „Slow Drag“. Das hypnotische Pianomotiv im Opener zieht alle Aufmerksamkeit auf sich und mich sukzessive vollkommen in die Musik hinein. Rudy van Gelders Aufnahmeraum bekommt ungefähr die Dimensionen, die er laut der Archivbilder, die ich kenne, gehabt haben muss. Jedes Instrument klingt authentisch, jedes Solo erzählt eine Geschichte und die LFD Phono macht nichts anderes, als diese wunderbare Musik zu bewahren. Und das ist das Schwierigste überhaupt. 


Unterm Strich...

Wer sich eine top verarbeitete und klanglich hervorragend abgestimmte Phonovorstufe aus Meisterhand abseits vom Mainstream wünscht, kann sie in der LFD finden. Ihrem grandiosen Klang wird man nie überdrüssig werden.

KategoriePhonovorstufe
ProduktPhono LE (SE) MK II
HerstellerLFD Audio
Preis2100 Euro
Getestet vonChristian Bayer
Vorheriger Test

Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

Nächster Test

Die X Files - Plattenspieler Gold Note Mediterraneo X

Logo LP:Magazin

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