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Einzeltest > Tonabnehmer > 24.04.2025

Grün wie die Hoffnung

Das war zu erwarten: DS Audio hat sein elektrooptisches Einsteger- Tonabnehmermodell auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht. Und den dazugehörigen Entzerrer gleich mit.

Tonabnehmer / Entzerrer DS Audio DS-E3

Bei mir leuchtet’s blau. Schon seit Jahren. Als Stammleser dieser Publikation wissen Sie vermutlich, dass ich den DS Audio-Abtaster DS003 für so ziemlich die größte Errungenschaft halte, die die Abtaster produzierende Industrie seit langer Zeit hervorgebracht hat. Und das DS003 leuchtet eben – blau. Für diejenigen, die jetzt komplett auf dem Schlauch stehen und keine Ahnung haben, wie so ein Tonabnehmer leuchten sollte, hier ein paar Worte zur Funktionsweise dieser ganz besonderen Modelle:  

Konventionelle Abtaster arbeiten elektrodynamisch, das heißt: Die Bewegung der Nadel in der Plattenrille sorgt dafür, dass eine Kombination aus Spulen und Magneten relativ zueinander in Schwingungen versetzt wird. Dabei kann entweder der Magnet (MM) oder die Spule (MC) vom Nadelträger bewegt werden. Die Anordnung funktioniert als Generator, der eine elektrische Spannung liefert, aus der sich das auf der Platte gespeicherte Signal rekonstruieren lässt. Das ist ein seit Urzeiten bewährtes Verfahren, aber beileibe nicht die einzige Methode, die Bewegungen eines winzigen Diamanten in ein nutzbares Signal umzusetzen. In den Siebzigern des letzten Jahrhunderts gab es bereits elektrooptische Tonabnehmer von Toshiba, die auf dem Lichtschrankenprinzip beruhten: Eine kleine Glühlampe erzeugte im Abtastergehäuse Licht, hinzu gesellten sich zwei fotoelektrisch empfindliche Halbleiterelemente, am Nadelträger saß ein Paddel, dass den Lichtstrahl zwischen Lämpchen und Empfänger signalabhängig abschattete. Gute Idee, aber schon ob der sehr begrenzten Lebensdauer der Glühlampe auch wieder nicht. Und so verschwand die Technik schnell wieder in der Schublade. Bis der japanische Hersteller DS Audio den Gedanken wieder aufgriff, die Idee mit modernen Mitteln realisierte und seitdem eindrucksvolle Erfolge damit am Markt feiert.  

Elektrooptische DS-Audio-Abtaster gibt es derzeit in der dritten Generation. Mit dem DS-E3 ist nunmehr auch das Einsteigermodell auf den letzten technischen Stand gebracht worden, der dazugehörige Entzerrer wurde im Zuge dessen gleich mit renoviert. Wer beides im Paket erwirbt zahlt überaus faire 2750 Euro. Wer einen anderen Entzerrer verwenden will (davon gibt’s ja mittlerweile eine ganze Reihe da draußen), der kann den Tonabnehmer auch einzeln für 1450 Euro erwerben. Mein heiß geliebtes DS003, in der Hierarchie direkt darüber angesiedelt, kostet derzeit einzeln 2500 Euro – nur mal zur Einordnung. Grundsätzlich kann man übrigens jeden DS Audio-Abtaster mit jedem Entzerrer für elektrooptische Tonabnehmer betreiben, nicht aber mit einem klassischen Phonovorverstärker: Elektrooptische Abtaster brauchen zwei extern zu erzeugende Betriebsspannungen, sonst leuchtet da nix und den beiden Photodioden (das sind die „Empfänger“) würde ihre Vorspannung fehlen. Die von außen sichtbare LED hat übrigens nichts mit den der Signalerzeigung dienenden Lichtquellen zu tun und dient ausschließlich dekorativen Zwecken. Im Inneren kommen zwei winzige Spezial- LEDS mit besonders eng gebündeltem Lichtstrahl zum Zuge. Auch die Entzerrung funktioniert anders als bei elektrodynamischen Wandlern: Jene sind „Schnellewandler“ mit zur Geschwindigkeit der Nadel in der Rille proportionaler Ausgangsspannung. Deren Signal muss anders (und aufwändiger) entzerrt werden als das von elekrooptischen Abtastern, die „Positionswandler“ darstellen. Sprich: Bei ihnen ist das Ausgangssignal proportional zur Auslenkung des Nadelträgers.  

Das DS-E3 leuchtet grün, wie schon sein Vorgänger aus der zweiten Generation, das DS-E1. Äußerlich unterscheiden sich beide nur minimal, das Aluminiunblechgehäuse des E3 ist nunmehr ähnlich sanft verrundet wie die Behausungen der anderen Modelle, das DS-E1 war noch etwas eckiger. Viel wichtiger jedoch sind die inneren Werte: Auch beim E3 setzt DS Audio nunmehr auf kanalgetrennte Lichtquellen (aka Leuchtdioden), was eine Optimierung des Strahlengangs ermöglicht und letztlich auf eine verbesserte Kanaltrennung hinausläuft. Auch beim Einsteigermodell kommt nunmehr ein ultraleichtes Paddel („Shading Plate“) aus Beryllium zum Zuge, dass die bewegte Masse deutlich reduzieren hilft. Von diesen bedien Maßnahmen profitieren alle Modelle der dritten Generation. Der Hersteller setzt nach wie vor auf einen klassischen Aluminium-Nadelträger, der mit einem elliptischen Diamanten bestückt ist – das war auch schon beim Vorgänger so. An der Stelle findet sich auch einer der größeren Unterschiede zum DS003 – jenes verfügt nämlich über einen Line Contact- Diamanten.   

Zudem gibt der Hersteller zu, beim Zusammenbau des Einstiegsmodells etwas höhere Toleranzen zuzulassen, was in einer minimal schlechteren Kanaltrennung resultiert. Das eine Dezibel weniger konnte ich jedenfalls garantiert nicht hören. Wie auch schon sein Vorgänger, will das DSE3 mit einer Auflagekraft zwischen 20 und 22 Millinewton betrieben werden. Bei mir läuft’s, wie fast alle Tonabnehmer, am oberen Ende des vorgeschlagenen Bereichs. DS Audio äußert sich immer noch nicht zur Nadelnachgiebigkeit seiner Tonabnehmer, sie liegt aber sicher im mittleren Bereich, so dass alle nicht extrem leichten oder schweren Tonarme als Spielpartner in Frage kommen.   

Entzerrer / Speiseteil
Der Entzerrer unterscheidet sich schon rein optisch vom Vorgänger:


Der „Output“-Schalter wählt die Filtercharakteristik für den Bassbereich
Jener war noch mit einer schlichten geraden Aluminiumfrontplatte ausgestattet, das aktuelle Modell wurde den anderen Mitgliedern der Familie angeglichen und darf nun ebenfalls eine der DS Audio-typischen elegant profilierten Frontplatten zur Schau stellen. Rückseitig gibt’s einen Ein- und einen Ausgang, ein Schalter lässt zwischen zwei Filtercharakeristika wählen. Stellung eins filtert im Bass merklich weniger dezent und liefert deutlich mehr Schub ganz unten, Stellung zwei gibt sich diesbezüglich deutlich zivilisierter. Was die richtige Einstellung für Sie ist, kommt auf Ihren Lautsprecher an: In betont basspotenten Situationen kann man’s hier ganz schnell übertreiben. Im Geräteinneren kommt eine komplette Neukonstruktion zum Vorschein. Die Signalaufbereitung liegt abermals in Händen integrierter Operationsverstärker, der Schaltungsaufwand geriet allerdings deutlich höher als beim Vorgängermodell. Die Netzversorgung übernimmt abermals ein anerkannt guter R-Core-Transformator.  

Klang

Beim DS-E1 war der dazugehörige Entzerrer eindeutig der Schwachpunkt des Systems, das ist beim DS-E3 ganz eindeutig nicht mehr der Fall. Der Neue ist merklich rauschärmer als das ältere Gerät, was der Wiedergabequalität eindeutig zugute kommt. Das auffälligste klangliche Merkmal aller DS Audio-Abtaster ist ihre unfassbare dynamische Spannweite und die kommt natürlich viel besser zum Tragen, wenn leise Passagen nicht vom Rauschen beeinträchtigt werden. Das klappt mit der neuen Einsteigerkombi ganz ausgezeichnet, wie das in dieser Hinsicht Maßstäbe setztende Album „Fear Innoculum“ der amerikanischen Kompliziert-Rocker „Tool“ wieder einmal unter Beweis stellt. Wem die Scheibe nach fünfeinhalb Jahren vielleicht etwas überstrapaziert erscheint, den kann ich beruhigen: Die vier Herren begeben sich dem Vernehmen nach dieses Frühjahr ins Studio und planen die nächste Großtat. Das DS003 begeistert derweil mit seinem ganz leicht sonoren Charakter, der hervorragend zu Hannes Waders Gesangsstimme passt. Seine quirlige Akustikgitarre kommt mit Ausdruck und Durchsetzungsvermögen, von „Langeweile“ (so heißt der Titel) kann da eigentlich keine Rede sein. Das DS003 stellt die Anrisse der Stahlseiten zwar noch etwas überzeugender in den Raum, das darf es ob seines doppelten Preises auch. Fast auf gleichem Level liegt die Stimmwiedergabe beider Abtaster. Elle Fitzgerald über DS Audio ist eine Naturgewalt. Kraft und Ausdruck dieses Ausnahmeorgans sind mit konventionellen Abtastern nur sehr schwer so überzeugend zu reproduzieren. Und ja, da geht immer noch mehr: An einem echten Top-Entzerrer tönt das „neu Grüne“ noch ein bisschen geschmeidiger und flüssiger, aber wir wollen mal auf dem Teppich bleiben: Zu diesem Preis dürfte es kaum ein anderes Duo aus Abtaster und Entzerrer geben, die der neuen DS Audio-Kombi das Wasser reichen kann. 


Unterm Strich...

Ungemein dynamisch, aufgeräumt und weiträumig überzeugt DS Audios neue Einsteigerkombi auf ganzer Linie. So geht moderne Schallplattenwiedergabe!

KategorieTonabnehmer
ProduktDS-E3
HerstellerDS Audio
Preis2750 Euro
Preis Zusatz Komplettpreis
Getestet vonHolger Barske
Vorheriger Test

Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

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Die Überschrift ist keine Ansage an die Leser dieser Publikation, sondern an den highendigen Mitbewerb: Da kommt was auf euch zu, an dem ihr schwer zu schlucken haben werdet.

Holger Barske
Redakteur / Tester

Holger Barske


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