Lautsprecher Epos ES-28N im Test, Bild
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Einzeltest > Lautsprecher > 06.05.2025

Einfach richtig

So kurz und doch so viel „Nachruhm“ – das ist Epos. Musikliebhaber kennen die Marke, obwohl sie effektiv nur wenige Jahre unter Leitung ihres Gründers auf dem Markt war. Seit zwei Jahren hat sie nun wieder Fahrt aufgenommen und ist besser denn je.

Lautsprecher Epos ES-28N

Epos Gründer Robin Marshall war studierter Mathematiker und Computer Ingenieur, bevor er eine Art Studium Generale bei der BBC absolvierte. Dass er einmal Lautsprecher entwickeln sollte, wusste er damals noch nicht, denn er hielt sich für einen Mathematiker. Bei der BBC fand er aber heraus, dass er doch lieber einen Lötkolben als einen Taschenrechner in der Hand hielt, wie er es 1989 in einem Interview mit John Atkinson so schön formulierte. Nachdem er zwei Jahre lang Lautsprecher für Monitor Audio entwickelt hatte, gründete er 1983 Epos, weil er mehr wollte, als nur Budget-Lautsprecher zu designen. Das ist ihm insbesondere mit der ES14 gelungen, auf der sein Ruhm sozusagen aufbaut. 1988 verkaufte er Epos an Mordaun Short und das war’s an dieser Stelle.   

Das nächste Level
Karl-Heinz Fink hingegen wusste schon ziemlich früh in seinem Leben, dass er „was mit Lautsprechern“ machen wollte. Zuerst studierte er aber Vermessungswesen. Über spannende Pfade wie einem Laden in Duisburg und seiner Mitarbeit bei der Zeitschrift HiFi-Vision, fand er zur Lautsprechermarke IQ. Bis er schließlich seine eigene Firma gründete und begann, das zu tun, was er bis heute tut: Lautsprecher entwickeln. Viele für andere, immer mehr auch für sich. Ein Weg ist das FinkTeam, ein anderer Epos. Ihm gefiel, dass Robin Marshall in einem relativ zeitgenössischen Interview sagte, dass er zum einen ganz sicher nicht mit eigenen Lautsprechern und schon gar nicht mit alten Epos Musik höre. Und dass er die legendäre ES-14 auch sicher heute nicht mehr so bauen würde wie früher – das war eben sein damaliger Wissenstand.  

Epos 2.0
Nachdem Fink mit seiner Firma FinkTeam und den eigenen Lautsprechern BORG und KIM bestimmte Aspekte der Möglichkeiten eigene, sehr besondere Lautsprecher zu entwickeln bereits abgedeckt hatte, wollte er „was Normaleres“ machen. Und da kam es ihm gerade Recht, dass sich Michael Creek, dem die Marke Epos seit einiger Zeit gehörte, verschlanken wollte. Creek hatte Epos ohnehin schlummern lassen. Falls du dich übrigens wie ich gefragt hast, was 28N bedeutet? Die Antwort ist ganz einfach, „N“ steht erst einmal für „Neu“. Die 7 gab es noch nicht und die 28 ist die doppelte 14. Bezeichnungswissenschaft á la Fink.  

Von unten nach oben
Die beiden 18er Tieftöner der ES-28N haben denselben Korb und Magnetsystem wie der Tiefmitteltöner der ES-14N.

Lautsprecher Epos ES-28N im Test, Bild
Der elliptisch geformte Hochtöner entspringt einer sehr sorgfältigen Entwicklung, die sich mehr als gelohnt hat, denn er ist ein echtes Meisterstück
Das bedeutet einen aufgedoppelten Magnet aus Ferrit und Neodymium, was die Richtwirkung steigert. Im Fall der ES-28N setzt Fink, anders als bei der ES-14N eine im Schnitt gerade statt der üblichen, gebogene NAWI Membran ein, was er für die Ideallösung bei Tiefbasstreibern hält. Eine große invertierte Staubschutzkalotte sorgt zusätzlich für ihre Versteifung. Der Magnet ist mit Demodulationringen aus Aluminium ausgerüstet, um die Induktivität der Schwingspule zu stabilisieren. Dadurch wird die Weiche nicht angeregt, so ergeben sich geringere harmonische Verzerrungen und Intermodulationen. Apropos Schwingspule – die ist mit 36 x 18mm ziemlich groß und ihr Spulenkörper besteht aus nicht leitendem Epoxy/Glasfiber um Wirbelströme zu vermeiden.  

Mittendrin
Der Mitteltöner basiert auf dem Design des ES-7N-Tiefmitteltöners. Seine Polypropylenmembrane ist mit einem Granulat gespritzt, das mit Mica (da gibt es auch Kondensatoren mit) angereichert ist. Das macht die Membran schlicht steifer. Und ihre Gummisicke hat eine geringe Hysterese. Hysterese? Das ist gewissermaßen die Erinnerungsfähigkeit des Materials und die ist hier deutlich reduziert. Der Nomexspider ist hoch temperaturbelastbar und soll dafür sorgen, dass die Aufhängung lineare, gut kontrollierte und große Hübe machem kann. Die 30mm Schwingspule mit demselben Epoxykorpus wie die der Bässe arbeitet als Teil des Magnetsystems mit einem Impedanzring zur Minimierung von Verzerrungen und Interferenzen. Und schließlich sorgt der Doppelferritmagnet für die Verminderung von Streuverlusten und vergrößert die Antriebskraft der Schwingspule.  

Höhen

Karl-Heinz Fink hat ziemlich lange an seinem Hochtöner entwickelt, den er für die gesamte Epos-Serie einsetzt. Er ist mit einer 28mm Schwingspule, einer keramikbeschichteten Membran aus einer Alulegierung, einem kräftigen Ferritmagneten und einem intern optimierten Strömungsfluss ausgestattet. Und nein, den kann man nicht bei den gängigen Lieferanten finden, denn alle Fink-Treiber sind Eigenentwicklungen, keine modifizierten Serienchassis.  

Weiche
Die Weiche ist wie schon bei der 14N das Gegenteil dessen, was Marshall damals machte: keine simplifizierte, sondern eine komplexe Angelegenheit. Das kennen wir von Fink, und was wir auch kennen, ist seine Fähigkeit, das Gesamtsystem extrem geschlossen klingen zu lassen. Die Überlegungen zum elektrischen Design der ES-28N lassen sich sehr gut nachvollziehen. Ein 2-Wege- Design mit zwei Bässen taugt Fink nicht so richtig. Mit einem D’Appolito-Design, wir erinnern uns, da flankieren die Woofer den Hochtöner oben und unten, ginge es theoretisch. Allerdings ließe sich die für den Hochtöner angestrebte Ohrhöhe von +/- 1m nur mit einem sehr hohen Lautsprecher realisieren. Platzierte man die Woofer unterhalb des Hochtöners in einer 2,5-Wege-Konfiguration, würde der untere Woofer nur bis in die tieferen Mittenlagen hinein spielen, der andere den Anschluss an den Hochtöner ermöglichen. Das machen manche, auch erfolgreich, aber Fink gefällt die damit verbundene Abstrahlcharakteristik der Woofer nach unten nicht, durch die sich die Mittenenergie nur schwer bündeln ließe. Also was soll das ganze Heckmeck, besser gleich ein 3-Wege- Design machen – wer kann, der kann. Eine Impedanzkompensation im Mitteltonbereich macht speziell Röhrenverstärkern das Leben leichter. Der Wirkungsgrad ist so lala, das wichtige Impedanzminimum liegt aber bei gesunden 3.9 Ohm bei 100Hz. Wie schon angedeutet, ist die Weiche hoch komplex, die Übergänge liegen bei 330 und 2700 Herz und bei 12db bzw. 24db mit Linkwitz Riley Charakteristik.   

Gehäuse

Am Gehäusedesign hat das Team um Karl-Heinz Fink einige Zeit geknobelt. Fink dazu: “Die Position des Hochtöners war klar – ein Meter in der Höhe. Der Mitteltöner sollte darunter in einem separaten Gehäuse untergebracht werden.” Beide Tieftöner sitzen eng beieinander, damit Bodenreflexionen besser kontrolliert werden können: dröhnen geht in der Finkwelt so gar nicht. Dafür lässt er die Kurve schon im unteren Mitteltonbereich ab etwas 300Hz zu niedrigeren Frequenzen hin abfallen. Fink dazu: “Wir haben ziemlich viel gehört, um den richtigen Kompromiss zwischen einem schnellen, sauberen Bass und gleichzeitig genügend Substanz für alle Arten von Musik zu finden.“ Das Bassreflexrohr sitzt in der Bodenplatte, die mit Spikes den nötigen Abstand zum Untergrund erhält. Die Öffnung im Sockel ist groß genug, so dass auch in Fällen, in denen das Gehäuse ohne Spikes auf dem Boden steht, die Basswiedergabe nicht beeinträchtigt wird. Und das Rohr endet auf halber Höhe. Damit haben sie viel experimentiert, damit „keine ungewollten Mitteltonanteile aus dem Reflexrohr kommen und da macht die richtige Position viel aus.“ Wie praktisch immer bei Fink ist das Gehäuse als Sandwich aufgebaut: zwei MDF-Platten werden mit einer Schicht aus hochdämpfendem Leim voneinander entkoppelt. Die vordere Schallwand ist satte 50 mm stark, Versteifungen gibt es auch. Mittel- und Hochtöner haben ihre eigenen Gehäuse: im Hochton-Separee sitzt die Frequenzweiche, die so vor den Schallwellen der Tieftöner geschützt ist.  

Musik

Mit den ersten Takten Musik war ich eingenommen: könnte das der perfekte Lautsprecher sein? Nun, man sagt, Perfektion ist eine Sünde, aber der ES-28N ist schon verdammt nahe dran. Er ist tief abgestimmt, das sollte man bei Aufstellung und Verstärkerwahl berücksichtigen. Besonders gut spielte er mit dem knackigen Exposure 3510 Vollverstärker. Bei der wunderbar meditativen Dominic Miller Aufnahme spüre ich sofort ein tiefe Ruhe, merke, wie ich tief durchatme. Wenn die Percussion einsetzt, schwingt sie ansatzlos schnell, ein- und aus. Und ich höre viele feine Details, die mit anderen Schallwandlern gerne auch mal untergehen. Auch Gianmaria Testa singt so entspannt, groß, souverän und doch ungeheuer präsent nur für mich. Wieder höre ich auf einem Stück Vogelgezwitscher und Kinderstimmen – wo waren die zuvor? Und das geht immer so weiter. Das Ein- und Ausschwingen von Klavieranschlägen lässt mich ebenso staunen wie die Plastizität von Wes Montgomerys Gitarrenspiel. Fast meine ich, die Dicke der Saiten bestimmen zu können. Und wenn je ein Titel adäquat war, dann der dieser Platte: Groove Yard. Denn die Jungs grooven wie der Teufel. Ein besonders schönes Beispiel ist Buddy Montgomerys Komposition „Back to Back“. Zusammen mit seinem Bruder Wes – Back to Back eben – formt er die Linien zwischen Gitarre und Piano aus und verstärkt sie: herrlich. Hier sitze ich gefühlt echt auf dem Chefsessel, wie der Labelboss, dem das Ergebnis der Aufnahmesession vorgespielt wird. Im nächsten Stück begeistert mich der Mittelhochtonglanz mit dem fast zeitlupenartigen Zupfen von Wes Montgomery und dem satten Bass von Bruder Monk. Das hat hypnotische Qualitäten. Und die Epos kann das so traumhaft wiedergeben, dass mir die Tränen kommen. Genau das passiert dann bei Wes göttlichem Solo mit seiner so eleganten Melodieführung. Elegant ist ein Stichwort, das mir im Zusammenhang mit der Epos immer wieder in den Sinn kommt. Und Live. Aber Live im Studio zu Hause sozusagen. Ein Erlebnis.  

Gemessenes:

Lautsprecher Epos ES-28N im Test, Bild

Die Epos zeigt sich als klassisches Dreiwegesystem mit einem breitbandigen Mitteltöner, der ab ca. 350 Hz eingesetzt wird und bis ca. 3,5 kHz läuft, so dass er den wichtigsten Bereich des Musikspektrums verantwortet. Die beiden 18er Bässe arbeiten auf ein Bassreflexsystem mit einer tiefen Abstimmung auf 25 Hz. Die wellige Impedanzkurve zeigt, dass bei der Frequenzweiche nicht mit Bauteilen gegeizt wurde, unter anderem ist eine Korrektur des oberen Reflexhöckers am Start, die es der niedrigen Trennfrequenz zum Mitteltöner leichter macht. Bei den Verzerrungsmessungen gibt sich die Epos vorbildlich, vor allem lässt sie sich dank der reichlich bemessenen Membranfläche auch bei Spitzenpegeln nicht im Geringsten aus der Ruhe bringen. 


Unterm Strich...

Die Epos ES-28N ist ein Lautsprecher, den ich Freunden empfehle. Freunden, die einen perfekten Allrounder zum Musikhören suchen und das Thema Lautsprechersuche beenden wollen.

KategorieLautsprecher
ProduktES-28N
HerstellerEpos
Preis8000 Euro
Getestet vonChristian Bayer
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Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

Nächster Test

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Christian Bayer
Redakteur / Tester

Christian Bayer


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